taz.de -- Aufruf der Muslimbrüder in Ägypten: Für Mursi auf die Straßen
Gegen die Opposition: Um den ägyptischen Präsidenten zu unterstützen, haben die Muslimbrüder zu einer Kundgebung aufgerufen. Mursi steht wegen der Ausweitung seiner Macht in der Kritik.
KAIRO dpa | Die Muslimbruderschaft in Ägypten hat ihre Anhänger am Sonntag zu einer Solidaritätskundgebung für Präsident Mohammed Mursi aufgerufen. Die Islamisten sollen sich am Morgen auf den Plätzen der Städte und Dörfer des Landes zusammenfinden. Mursi ist in den vergangenen Tagen wegen einer Verfassungserklärung, mit der er seine Machtbefugnisse auf Kosten der Justiz massiv ausgeweitet hatte, immer stärker in Bedrängnis geraten. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo haben seine [1][Gegner ein Protestcamp] errichtet. Auch international wächst die Besorgnis.
Nachdem landesweit mehr als 100.000 Menschen gegen seine Politik demonstriert hatten, schlossen sich am Samstag auch die Richter dem Protest an. Der Oberste Richterrat warf dem Staatschef vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden.
Während einer Krisensitzung der Berufsvereinigung der Richter wurde der von Mursi zwei Tage zuvor abgesetzte Generalstaatsanwalt Abdel Megid Mahmud bejubelt. In den Provinzen Alexandria, Damanhur und Al-Bahreia legten nach Angaben arabischer Medien zahlreiche Richter ihre Arbeit nieder. Sie erklärten, sie wollten ihren Streik erst beenden, wenn Mursis Verfassungserklärung zurückgenommen werde.
Ein Sprecher der Bewegung Jugend der Revolution erklärte, die Protestaktion auf dem Tahrir-Platz werde so lange andauern, bis die Verfassungserklärung Mursis zurückgenommen wird.
Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete unter Berufung auf das Gesundheitsministerium, seit Freitag seien bei den Protesten landesweit 140 Menschen verletzt worden.
Ideale der Revolution nicht verlieren
Ähnlich wie USA und Vereinte Nationen zeigte sich auch Außenminister Guido Westerwelle sehr besorgt. „Wir setzen darauf, dass in Ägypten der Prozess hin zu einer Demokratie, zu sozialer und wirtschaftlicher Teilhabe, zur Herrschaft des Rechts und zu einer Gewaltenteilung fortgesetzt wird.“ Die Ideale der Revolution dürften nicht verloren gehen, forderte Westerwelle am Samstag. Auch andere westliche Regierungen kritisierten den Versuch Mursis, seine Macht auf Kosten der Justiz zu vergrößern.
Der von Mursi gerade erst neu ernannte Generalstaatsanwalt Talat Ibrahim Abdullah knöpfte sich indessen die Kritiker des Präsidenten vor. Abdullah, der am Donnerstag von Mursi zum Generalstaatsanwalt ernannt worden war, lud am Samstag einen Politiker und zwei Juristen vor, die sich gegen die Entmachtung der Justiz durch den Präsidenten ausgesprochen hatten. Ihnen wird vorgeworfen, zu versuchen, das System zu stürzen. Außerdem hätten sie sich gegen Entscheidungen des Präsidenten gestellt und zum zivilen Ungehorsam aufgerufen.
Mursi, der aus der Muslimbruderschaft stammt, hatte am Donnerstag erklärt, das Verfassungsgericht habe nicht das Recht, die Umsetzung seiner Dekrete zu behindern oder das Verfassungskomitee aufzulösen. Damit brachte er nicht nur die Richter gegen sich auf, sondern auch alle linken und liberalen Parteien des Landes.
Diese werfen ihm jetzt vor, er führe sich auf wie ein Diktator und wolle sich zum neuen „Pharao“ aufschwingen. Die Muslimbruderschaft hält ihren Kritikern entgegen, die Richter seien alle noch von dem 2011 entmachteten Langzeitpräsidenten Husni Mubarak ernannt worden. Sie seien korrupt und wehrten sich deshalb gegen den Wandel.
25 Nov 2012
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