taz.de -- Länderfinanzausgleich vor Gericht: Bayern und Hessen wollen klagen

Noch im Februar wollen zwei der drei Geberländer vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Nur Baden-Württemberg setzt auf Verhandlungen.
Bild: Werfen ihr Geld in die Waagschale: Bayern und Hessen.

BERLIN dpa | Bayern und Hessen drücken aufs Tempo: Die beiden schwarz-gelb geführten Landesregierungen wollen noch im Februar Klage gegen den Länderfinanzausgleich beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Das geht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus der Beschlussvorlage für die gemeinsame Kabinettssitzung an diesem Dienstag in Wiesbaden hervor.

In der Kabinettssitzung soll die angekündigte Verfassungsklage formell beschlossen werden. „Die Bayerische Staatsregierung und die Hessische Landesregierung halten das geltende System des bundesstaatlichen Finanzausgleichs für verfassungswidrig“, zitiert die Zeitung aus dem ihr vorliegenden Papier. Die Situation der armen Bundesländer habe sich trotz der Milliardenzahlungen „weitgehend verfestigt, ohne konkrete Aussicht zur nachhaltigen Verbesserung“.

Berlin beispielsweise habe für das Jahr 2005 2,5 Milliarden Euro erhalten, mittlerweile würden 3,3 Milliarden Euro an die finanzschwache Bundeshauptstadt überwiesen. Die Last werde von immer weniger Schultern getragen – 2012 schied Hamburg aus dem Kreis der Geberländer aus und erhielt stattdessen etwa 21 Millionen Euro aus dem Ausgleichstopf, obwohl der Stadtstaat als sehr finanzstark gilt.

Heftiger Widerstand

„Ein solches Ausgleichssystem ist in sich nicht mehr stimmig und ungerecht“, argumentieren Hessen und Bayern dem Bericht zufolge. Die Länder stimmten daher überein, „den gemeinsamen Normenkontrollantrag bis Ende Februar 2013 zum Bundesverfassungsgericht einzureichen“.

Die Klage stößt partei- und länderübergreifend auf heftigen Widerstand. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält davon ebenso wenig wie sein Schweriner SPD-Amtskollege Erwin Sellering oder Thüringens CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht.

Die Unionsfraktionschefs aus Baden-Württemberg, Bayern und Hessen halten den Vorstoß dagegen für „dringend geboten“. Sie sei der letzte Ausweg, weil die Verhandlungen auf der Ministerpräsidentenkonferenz über viele Monate hinweg erfolglos geblieben seien, heißt es in einer Erklärung von Peter Hauk (CDU/Baden-Württemberg), Christean Wagner (CDU/Hessen) und Georg Schmid (CSU/Bayern).

Bayern größtes Geberland

2012 zahlten erstmals nur noch drei Länder in das Ausgleichssystem ein, das seit sechs Jahrzehnten für gleiche Lebensverhältnisse überall in Deutschland sorgen soll. 7,93 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr umverteilt. Größter Profiteur war erneut Berlin, das 3,32 Milliarden Euro erhielt. Bayern trug mit 3,9 Milliarden Euro den Löwenanteil, Baden-Württemberg steuerte 2,69 Milliarden Euro bei. Für Hessen waren es knapp 1,33 Milliarden Euro, wobei die Belastung je Einwohner Jahr für Jahr in Hessen am höchsten ist.

In Bayern und Hessen wird im Herbst der Landtag neu gewählt. Kritiker verweisen auch darauf, dass im Jahr 2019 ohnehin eine Neuordnung der Finanzbeziehungen ansteht. Baden-Württemberg ist seit dem Regierungswechsel zu Grün-Rot 2011 als möglicher Mitkläger ausgeschieden und setzt auf Verhandlungen.

4 Feb 2013

TAGS

Länderfinanzausgleich
Bayern
Hessen
Baden-Württemberg
Bundesverfassungsgericht
Länderfinanzausgleich
Länderfinanzausgleich
Länderfinanzausgleich
Länderfinanzausgleich
Horst Seehofer
CSU
EEG-Umlage

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Länderfinanzausgleich: Sollen sie doch austreten, die Bayern!

Der Staat will nichts mehr ausgeben? Will nicht mehr umverteilen? Dann ist er kein Staat mehr, sondern eine neoliberale Anarchie.

Klage wegen Länderfinanzausgleich: Bayern und Hessen gegen den Rest

Mit der Klagen beim Bundesverfassungsgericht wollen die Länder die umstrittene Ausgleichszahlung reformieren. Das sei Wahlkampfgetöse, sagt die Opposition.

Kommentar Länderfinanzausgleich: Das bayerische Ressentiment

Gewinnt die Klage der Geberländer, gewinnt der Egoismus der Besserverdienenden. Das innerdeutsche Solidarmodell wäre dann, wie das europäische, Vergangenheit.

Debatte um Länderfinanzausgleich: Klage vor festlicher Kulisse

Hessen und Bayern beschließen den Länderfinanzausgleich anzufechten. Das sei ein „Akt politischer Notwehr“, so die Länderchefs.

Länderfinanzausgleich Klage: Solidarisch, aber nicht blöd

Hamburg kann den Länderfinanzausgleich nicht mehr zahlen. Nun sind nur noch drei dabei: Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Seehofer will vor Gericht ziehen.

CSU-Klausur in Wildbad Kreuth: Nichts als die eigene Wahrheit

Inhalte sind auf der CSU-Klausur zweitrangig, was zählt sind aktuelle Umfragewerte: Gute Zahlen werden akzeptiert, schlechte einfach weggeredet.

Energiegipfel von Bund und Ländern: Wer zahlt wem die grüne Zukunft?

Beim Energiegipfel geht es um der Ausbau der Erneuerbaren – und es geht ums Geld: die Flächenländer kassieren, die Ballungsräume zahlen.

Streit um Finanzausgleich: Die Klage als letzter Ausweg

Bayern und Hessen bezeichnen den finanziellen Ausgleich zwischen Ländern als „Dauersubvention“ und wollen nicht mehr zahlen. Baden-Württemberg will lieber verhandeln.