taz.de -- Energiegipfel von Bund und Ländern: Wer zahlt wem die grüne Zukunft?
Beim Energiegipfel geht es um der Ausbau der Erneuerbaren – und es geht ums Geld: die Flächenländer kassieren, die Ballungsräume zahlen.
BERLIN taz | Das Tauziehen um die Energiewende ist vor allem ein Kampf ums Geld – das wird beim Bund-Länder-Treffen am Freitag erneut deutlich. Der Energiegipfel soll den Ausbau der Erneuerbaren koordinieren. Dabei geht es nicht nur um Subventionen für Wind- und Sonnenenergie, sondern ums große Ganze. Beispiel Berlin: Dass die Hauptstadt zwar sexy, aber gar nicht so selbstverschuldet arm ist, findet der parteilose Finanzsenator Ulrich Nussbaum.
Er wehrt sich vehement gegen den Vorwurf, Berlin prasse auf Kosten der Südländer. Alle Finanztransfers müssten auf den Tisch, sagt Nussbaum. Berlin zahle für die Förderung erneuerbarer Energien nämlich 370 Millionen Euro im Jahr, bekomme aber nur 21 Millionen. Sein Fazit: Die Berliner „subventionieren die bayerischen Solaranlagen“.
Bayern treibt die Diskussion um einen neuen Länderfinanzausgleich voran. Zusammen mit Hessen und Baden-Württemberg sind die Bayern die einzigen echten Nettozahler in dem Verteilungssystem – und wollen das per Klage vor dem Bundesverfassungsgericht ändern. Knapp vier Milliarden Euro im Jahr geben die Bayern netto in den Topf des Länderfinanzausgleichs. Eine Milliarde Euro zu viel, finden die CSU-Granden.
Doch ziemlich genau diese Summe verdient Bayern am EEG. Viele Hauseigentümer mit Fotovoltaik auf dem Dach oder Bauern mit Biogasanlage beziehen kräftig Geld aus dem Topf der EEG-Umlage. Nach Zahlen des „Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft“ (BDEW) kassierten die Bajuwaren 2011 etwa eine Milliarde Euro mehr an EEG-Einnahmen als sie an EEG-Kosten zu tragen hatten.
Andere Schere als im Länderfinanzausgleich
Beim Netto/Brutto der EEG-Förderung öffnet sich also eine andere Schere als im klassischen Länderfinanzausgleich, wo die Zahler im Süden und die Empfänger im Norden und Osten sitzen. Mit Wind, Solar und Biomasse verdienen vor allem die Flächenländer: Neben Bayern sind das Schleswig-Holstein (379 Millionen), Brandenburg (363), Niedersachsen (355), Mecklenburg-Vorpommern (217) und Sachsen-Anhalt (194).
Größter Verlierer ist Nordrhein-Westfalen, das fast 2,3 Milliarden Euro mehr in die EEG-Töpfe zahlt als es herausbekommt. Aber auch Baden-Württemberg (362 Millionen), Berlin (349) und Hessen (291) zahlen kräftig drauf. Wer die Erneuerbaren ausgebremst hat – siehe Hessen oder Ba-Wü –, hat also das Nachsehen.
Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch das Agieren der Länder im Bundesrat beim Thema Erneuerbare. Als im Frühjahr eine Zweidrittelmehrheit die Kürzung der EEG-Vergütung ablehnte, waren in der Front gegen CDU-Bundesumweltminister Norbert Röttgen auch unionsgeführte Länder wie Bayern dabei. Im Zweifel sind die Zuwendungen für die eigenen Landeskinder wichtiger als volkswirtschaftliche Vernunft oder die Parteidisziplin.
2 Nov 2012
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Altmaiers Strompreisbremse ist Geschichte. Aber auch die Opposition kann sich auf keinen gemeinsamen Plan einigen. Was bleibt ist Wahlkampf.
Noch im Februar wollen zwei der drei Geberländer vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Nur Baden-Württemberg setzt auf Verhandlungen.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger stänkert erneut gegen die Förderung erneuerbarer Energien. Zugriff auf das deutsche Gesetz hat er aber nicht.
Bund und Länder wollen den Ausbau der Erneuerbaren „besser koordinieren“. Im Klartext heißt das: Er wird stocken.
Die CSU will die EEG-Umlage von 5,3 auf 4,5 Cent senken und die Kosten der Staatsbank zuschieben. Merkel möchte Ausnahmen für Unternehmen prüfen.
Im Sommer bezog Deutschland bereits 27 Prozent seines Stroms aus regenerativen Quellen. im Vordergrund steht allerdings die aktuelle Kostendebatte.
Die EEG-Umlage wird immer teurer. Doch die Vorteile des Ökostroms durch Vermeidung von Umweltschäden wiegen die Ausgaben auf.
Bis auf die FDP hat keine Partei bei einer längeren Ökostromdebatte etwas zu gewinnen. Für die Anderen kommt das Thema im Wahlkampf nicht infrage.
Die EEG-Umlage gilt den Gegnern der Energiewende als Totschlagargument dafür, dass Ökostrom zu teuer sei. Dabei taugt sie kaum als Preisschild.