taz.de -- Kommentar Pferdefleisch-Skandal: Vom Pferd erzählen

Beim Lasagne-Skandal kann die EU-Kommission nur reagieren. Dabei war es ihre Aufgabe, für eine Lebensmittelkennzeichnung zu sorgen.
Bild: Zeigen der EU ihre Versäumnisse: Pferd und Kuh.

Es ist immer das gleiche Schema – egal ob es um Brustimplantate, Gammel- oder jetzt eben Pferdefleisch geht: Es muss erst einen Skandal geben, bevor sich die EU-Kommission und die Mitgliedsstaaten auf strengere Regeln und bessere Kontrollen einigen.

Die Kommission schlägt nun umfangreiche Gentests von Rindfleisch vor, um weitere Pferdefleischspuren aufzuspüren. Die EU-Minister sollen darüber an diesem Freitag entscheiden, bereits im März könnten die flächendeckenden Tests dann beginnen.

Sicher: Pferde- für Rindfleisch zu verkaufen ist Betrug, und dafür trägt erst einmal nur der Verursacher Schuld. Allerdings macht es sich der EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg zu einfach, wenn er alle Verantwortung von sich und seiner Behörde weist – eben mit dem Hinweis, es handle sich um kriminelles Verhalten und für die Kontrollen der Firmen seien sowieso die Mitgliedsstaaten verantwortlich.

Die Kennzeichnung von Lebensmitteln ist nämlich sehr wohl EU-Aufgabe. Verbraucherschützer fordern schon seit Jahren, dass die Herkunft von Fleisch auf Verpackungen vermerkt wird. Dies gilt – ebenfalls seit einem Skandal, nämlich BSE in den 1990er Jahren – nur für frisches Rindfleisch. Ab 2014 soll die Regel auf Frischfleisch auch von anderen Tieren ausgeweitet werden.

Eine Herkunfts-Kennzeichnung von verarbeitetem Fleisch aber – zum Beispiel in Lasagne – hat die EU-Kommission bisher immer ausgebremst. Das entspricht keinesfalls der Verbrauchermeinung. Eine Umfrage des europäischen Verbraucherschutzbundes BEUC hat erst vor wenigen Wochen ergeben, dass sich 70 Prozent der EU-Bürger eine solche Kennzeichnung wünschen würden. Damit wäre zwar ein Betrug nicht ausgeschlossen, aber der Verbraucher hätte zumindest die Möglichkeit, nur noch Fleisch aus bestimmten, für ihn vertrauenswürdigen Ländern zu konsumieren. Bisher hat er dazu in EU-Supermärkten keine Chance.

Besonders grotesk ist es da, dass die EU-Kommission zeitgleich zum Pferdefleischskandal einen neuen Gesetzesentwurf vorlegt, der eine „made in“-Kennzeichnung für alle Produkte vorschreibt, um die Sicherheit für die Verbraucher zu erhöhen. Für alle Produkte – außer für Lebensmittel.

14 Feb 2013

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Ruth Reichstein

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