taz.de -- Kommentar Pferdefleisch: Fertiggerichte? Kontrollverlust!
Viele Hersteller nutzen das Vertrauen der Verbraucher dazu aus, billige Zutaten unterzumischen – zum Beispiel Pferdefleisch in Tiefkühllasagne.
Der Skandal um als Rindfleisch gekennzeichnetes Pferdefleisch in Tiefkühllasagne zeigt auch: Der Trend zu immer noch weiter verarbeiteten Lebensmitteln birgt Risiken für die Verbraucher in sich.
Fertiggerichte bedeuten einen Kontrollverlust. Wer eine Tiefkühlpizza kauft, kann in der Regel nicht überprüfen, wer die Zutaten produziert hat. Oft wissen die Verbraucher nicht einmal, welche Chemikalien beispielsweise zu den Zutaten gehören. Den Konsumenten bleibt nichts, als dem Hersteller zu vertrauen, dass er seine Arbeit ordentlich macht. Dieses Vertrauen ist – wie im aktuellen Fall – nicht immer berechtigt.
Dennoch versucht die Lebensmittelindustrie Produkte zu verkaufen, die in immer höherem Maße verarbeitet sind. Schließlich kann sie mehr Geld verlangen, wenn sie mehr Arbeitsschritte ausführt. Viele Hersteller nutzen das Vertrauen der Verbraucher dazu aus, billige Zutaten unterzumischen. Zum Beispiel Analogkäse statt Kuhmilchkäse. Oft auch ungesund viele Kohlehydrate statt teurerer Zutaten. Und jede Menge Konservierungsstoffe, damit die Ware möglichst lang verkauft werden kann.
Fertiggerichte können, in Maßen genossen, durchaus sinnvoll und unschädlich sein. Aber Umfragen zeigen, dass immer weniger gekocht wird. Das ist ein Trend, den es umzukehren gilt.
Deshalb müssen die Schulen viel stärker als bisher zu einer gesunden Ernährung erziehen. Sie sollten die Kinder sensibilisieren für Probleme, die mit Fertiggerichten einhergehen. Gleichzeitig muss der Staat Werbung für Fertiggerichte einschränken, wenn sie sich zum Beispiel an Kinder und Jugendliche richtet. Da könnte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) mal zeigen, wo sie wirklich steht: auf der Seite der Verbraucher oder der der Industrie.
15 Feb 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Tütensuppe, Tiefkühlpizza und nebenbei läuft die Glotze. Den Deutschen ist leckeres Essen zudem wichtiger als ein gesundes Mahl, zeigt eine neue Studie.
Das Pferdefleisch-Debakel legt Mängel in der Lebensmittelkontrolle offen - mit Folgen für alle. Die taz gibt Antworten auch für Fleischvermeider.
Der Konservenhersteller „Dreistern“ sieht sich als Opfer. Derweil wurden auch in der Schweiz Produkte mit Pferedefleisch gefunden. Die SPD fordert Aufklärung.
Pferd- und Schweinefleisch wurden wohl in Stichproben von Dönern entdeckt. Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner forderte rasche Aufklärung der Falschauszeichnung.
Wie kommt man eigentlich auf die Idee, Pferd mit Rind zu mischen? Fragen und Antworten der taz zur Wirtschaftlichkeit von Pferdefleisch.
Derzeit herrscht große Aufregung, weil Menschen unfreiwillig Pferdefleisch aßen. Dabei schmeckt es gut. Wir zeigen, wie man den Gaul richtig zubereitet.
Weitere deutsche Bundesländer melden falsch deklariertes Fleisch. In England wurden Schmerzmittel in geschlachteten Pferden entdeckt. Die EU plant DNA-Tests.
Beim Lasagne-Skandal kann die EU-Kommission nur reagieren. Dabei war es ihre Aufgabe, für eine Lebensmittelkennzeichnung zu sorgen.
Auch in Deutschland ist Pferdefleisch in Tiefkühl-Lasagne aufgetaucht. Die Supermarktkette Real nimmt ein Produkt vom Markt. Brüssel fordert Gentests für Fleisch.
Es gibt den ersten Verdachtsfall von Pferdefleisch in Lebensmitteln in Deutschland. Falsch deklarierte Produkte könnten in Nordrhein-Westfalen gelandet sein.