taz.de -- Kommentar Steinbrück: Ein Aussetzer im Durchhaltemodus

Politik ist was für harte Kerle – wie Peer Steinbrück. Aber der SPD-Kanzlerkandidat hatte einen Moment der Schwäche. Trotzdem wird das „Ding durchgezogen“.
Bild: Traurig: Peer Steinbrück im Berliner Tempodrom.

Es kommt nicht oft vor, dass Politiker sprachlos sind. Und den Tränen nahe. So wie Peer Steinbrück im Berliner Tempodrom. Es war ein Moment der ungefilterten, wahren Empfindung, ein Aussetzer im Durchhaltemodus. Die Presse macht sich seit Wochen über Pannen-Peer lustig, die Umfragewerte sind mies, sein Team funktioniert nicht.

Und dann lässt SPD-Chef Sigmar Gabriel auch noch durchblicken, was er von Steinbrücks Performance hält: nichts. Es war ein berührender, besonderer Augenblick, in dem der enorme Druck, unter dem Politiker in Mediengesellschaften stehen, zutage trat.

Ist das Schwäche? Von Exkanzler Schröder stammt der Satz, dass, wem es in der Küche zu heiß ist, halt kein Koch werden soll. Politik ist was für harte Kerle. Steinbrück selbst verkörpert ja normalerweise diesen Machotypus. Auch deshalb wirkt er neben der effektiven, netten, biegsamen Angela Merkel wie ein Auslaufmodell.

Die SPD hatte mit Steinbrück einen Vertrag. Er liefert Wähler, die der SPD fernstehen, dafür stützt die Partei ihn, den Ungeliebten. Den gleichen Deal gab es schon mit Helmut Schmidt und Schröder. Aber Steinbrück liefert nicht. Er war drei Jahre Politrentner und hat Anfängerfehler en masse produziert. Die Frage war nicht ob, sondern wann dieser Vertrag aufgekündigt wird.

Die Frage lautet nun: Was tut die SPD, wenn sie begreift, dass sie nur noch auf die große Koaltion hoffen kann? Wer sich erinnert, wie intrigant Kurt Beck aus dem Amt gejagt wurde, weiß, wie versiert die SPD ihre Selbstzerstörung betreiben kann. Das Einzige, was bleibt, ist Durchhalten, egal wie die Umfragen sind. Einen anderen Kandidaten hat sie nicht. Gertrud Steinbrück hat gesagt: „Ich bin preußisch erzogen. Jetzt wird das Ding auch durchgezogen“. So ist es, bestenfalls. Mehr ist nicht drin.

16 Jun 2013

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Stefan Reinecke

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