taz.de -- Netzüberwachung durch Geheimdienste: Datenexport verbieten

Eine österreichische Aktivistengruppe hat Beschwerde gegen Netzfirmen eingelegt, die mit US-Geheimdiensten kooperieren. Die Daten sollen in der EU bleiben.
Bild: Nutzerdaten sind nicht für alle Augen bestimmt, vor allem nicht für Geheimdienste.

BERLIN taz | Ginge es nach Max Schrems würden in Zukunft europäische Daten von Facebook und anderen Netzfirmen in der EU bleiben. Schrems ist Teil der Datenschutzgruppe „Europe versus Facebook“ (EVF) und hat nun zusammen mit anderen Mitgliedern Beschwerde gegen fünf Firmen eingelegt, die [1][Enthüllungen des Guardian] zufolge mit dem US-Geheimdienst NSA kooperieren. Da diese Kooperation EU-Bürger nicht ausreichend schütze, sei die Datenweitergabe in die USA illegal.

Betroffen sind [2][Facebook], [3][Apple], [4][Microsoft], [5][Skype] und [6][Yahoo]. Die Unternehmen haben Tochterfirmen in der EU, über die hiesige Geschäfte abgewickelt werden. Das Firmenkonstrukt soll Steuern sparen, stellt aber zugleich die Tochterfirmen unter das EU-Datenschutzrecht. Schrems argumentiert, ein Datenexport dürfe nur dann ins Ausland erfolgen, wenn das Zielland ein „angemessenes Schutzniveau“ für das Grundrecht auf Datenschutz garantiere. Eine Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst verstoße gegen dieses Prinzip.

Gegen Google, das den Berichten zufolge ebenfalls mit der NSA kooperiert, gibt es keine Beschwerde, da der Konzern ohne europäische Tochterfirma auskommt. „Aber da Google Serverfarmen in Irland, Belgien und Finnland hat, kann man auch hier eventuell etwas machen“, so Schrems.

EVF will mit der Aktion erreichen, dass die europäischen Datenschutzbehörden die Übermittlung von Nutzerdaten aus der EU verbieten: Die Firmen müssten aus Datenschutzgründen die Daten hiesiger Nutzer dann auch innerhalb der EU verarbeiten. Und wenn nicht? „Wenn das legal sein soll, dann müssen wir wohl die Gesetze ändern“, erklärt Schrems.

In Deutschland prüft der Bundesdatenschutzbeauftragte die eingegangen Vorwürfe und konzentriert sich dabei auf die Beschwerden über den Internetdienst Yahoo mit Tochtersitz in München. Offizielle Stellungnahmen der jeweiligen Unternehmen stehen noch aus.

EVF setzt sich seit 2011 für strikteren Datenschutz ein. Seit dem Gründungsjahr läuft ein Verfahren gegen Facebook in Irland, aus dem das Unternehmen bereits Konsequenzen ziehen musste. Unter anderem wurde Facebook die Verwendung von Gesichtserkennung innerhalb der EU verboten.

4 Jul 2013

LINKS

[1] http://www.guardian.co.uk/world/2013/jun/06/us-tech-giants-nsa-data
[2] http://www.europe-v-facebook.org/prism/facebook.pdf
[3] http://www.europe-v-facebook.org/prism/apple.pdf
[4] http://www.europe-v-facebook.org/prism/microsoft.pdf
[5] http://www.europe-v-facebook.org/prism/skype.pdf
[6] http://www.europe-v-facebook.org/prism/yahoo.pdf

AUTOREN

Kamprath

TAGS

Prism
NSA
Schwerpunkt Meta
Google
Beschwerde
Yahoo
Schwerpunkt Überwachung
Gesichtserkennung
Tesco
Prism
Prism
NSA
Datenschutz
Datenspionage
Edward Snowden
Prism
NSA
NSA
USA
Prism
Prism

ARTIKEL ZUM THEMA

Gesichtserkennung als Kunst: Sind das eigentlich noch wir?

Der Künstler Sterling Crispin zeigt mit seinen „Data Masks“, wie wir für NSA, Facebook und Google aussehen. Nämlich wie digitale Geister.

Scanningpläne der Supermarktkette Tesco: Die spinnen, die Briten

Der Einzelhandelskonzern Tesco installiert Kameras an seinen Kassen. Damit soll das Gesicht des Kunden erfasst und passende Werbung gezeigt werden.

Klage wegen Facebook: Datenschützer vor Gericht

Darf Facebook Daten seiner Nutzer in die USA übertragen? Damit beschäftigt sich nun ein Gericht in Irland angesichts der NSA-Affäre. Es nahm eine Klage von Aktivisten an.

USA müssen über Spitzelei informieren: Was der Staat bei Yahoo suchte

Yahoo hat erreicht, dass die US-Regierung über einen Fall informieren muss, bei dem Kundendaten abgefragt wurden. Zuletzt hatte es so ein Urteil 2002 gegeben.

Alternativen zu Google und Facebook: Privatsphäre oder Bequemlichkeit

Angezapfte Kabel, mitgelesene E-Mails – jetzt ziehen immer mehr Nutzer Konsequenzen. Davon profitieren alternative Anbieter im Netz.

Die Legitimität der NSA-Überwachung: Adenauer ist Schuld

Ist die Ausspähung deutscher Bürger durch den US-Geheimdienst legal? Alte Vereinbarungen mit den West-Alliierten weisen darauf hin.

Kommentar Überwachung Frankreich: Pariser Kellergeheimnisse

Totalitäre Paranoia: Machen Frankreichs Geheimdienste dasselbe wie die NSA? Nein, sagen Hollandes Behörden. Sicher kann man sich da aber nicht sein.

Boliviens Staatschef ist sauer: Morales will US-Botschaft schließen

Nachdem Evo Morales das Überflugrecht über europäische Länder verweigert bekam, will er Konsequenzen ziehen. Seine lateinamerikanischen Kollegen unterstützen ihn.

Datenskandal in Frankreich: Supercomputer frisst alles

Erst die USA mit Prism. Dann Großbritannien mit Tempora. Nun auch Frankreich: „Le Monde“ enthüllt, wie der französische Auslandsgeheimdienst DGSE Daten sammelt.

Der NSA-Skandal und die Folgen: Aufreger Wirtschaftsspionage

Der Verfassungsschutz warnt schon lange, dass sich Firmen zu wenig vor Industriespionage schützen. Die USA hatte man dabei bisher nicht im Blick.

NSA-Abhörskandal und der BND: Opposition verlangt Antworten

Die SPD bezweifelt, dass die Regierung im Fall der NSA-Spitzeleien ahnungslos war. Und beruft das Parlamentarische Kontrollgremium ein.

NSA bespitzelt Deutschland: Anlasslose Überwachung

Warum es nicht egal ist, dass der US-Geheimdienst NSA und andere Behörden so viele Informationen sammeln. Eine Handreichung.

Abhörsysteme der Geheimdienste: Vor Prism gab es Echelon

Schon vor über zehn Jahren gab es große Aufregung über Ausspähsysteme der angelsächsischen Geheimdienste. Jahrelang beschäftigte sich das Europaparlament damit.

Druck auf Google nach Prism-Skandal: Nun droht der Lizenzentzug

Nach Prism wollen europäische Datenschützer Google zu einem sensibleren Umgang mit Daten zwingen. Es hilft aber nur ein europaweites Gesetz.