taz.de -- Kommentar Haftstrafe für Manning: Absolut unverhältnismäßig
Für Manning ist das relativ milde Urteil kein Anlass zum Jubel. Und Obama profitiert noch immer vom Nimbus, dass ja nicht er mit all dem angefangen hat.
Mit einem Strafmaß von 35 Jahren Haft für den Wikileaks-Informanten Bradley Manning ist die zuständige Militärrichterin weit hinter dem von der Anklage geforderten Strafmaß zurückgeblieben. Wenn das Urteil so Bestand hat und Manning sich in der Haft gut führt, kann der heute 25-Jährige mit Mitte 30 wieder frei sein.
Für Manning und seine Unterstützer ist das relativ milde Urteil eine gute Nachricht – aber wahrlich kein Anlass zum Jubel. Vergleicht man das Vorgehen der Staatsgewalt gegen Manning, Edward Snowden und andere Whistleblower mit der Strafverfolgung jener Kriegsverbrechen und Verfassungsverstöße, die von ihnen aufgedeckt wurden, dann sind auch die „nur“ 35 Jahre für Brad Manning vollkommen unverhältnismäßig.
Etliche Verbrechen, nachzulesen in den von Manning an Wikileaks weitergereichten „War Logs“ aus den Kriegen in Irak und Afghanistan, wurden bis heute überhaupt nicht verfolgt. Und wo das doch geschah, etwa im Fall der gefolterten Gefangenen von Abu Ghraib, fielen die Strafen für die Verantwortlichen harmlos aus. Alle waren nach kurzer Haftstrafe wieder frei.
Und so ist die Bilanz: Wer in Uniform Verbrechen begeht, kann auf Schutz hoffen, wenn nur die Öffentlichkeit nichts davon erfährt. Wer diese Verbrechen aufdeckt und eben öffentlich macht, wird verfolgt. Nein, die USA sind keine Diktatur. Aber in der Frage der Deckelung von im Staatsdienst begangenen Verbrechen verhalten sie sich, als wären sie eine.
Präsident Obama profitiert noch immer vom Nimbus, dass ja nicht er mit all dem angefangen hat, sondern George W. Bush. Die Verantwortlichen aus dessen Regierungszeit zur Verantwortung zu ziehen begreifen viele als Rachejustiz – so was macht man nicht.
Müsste man aber. Nicht aus Populismus. Sondern weil es gerecht wäre.
21 Aug 2013
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