taz.de -- Kommentar Rote Linie in Syrien: Nichtiges Geschwätz

Deutscher Außenpolitik mangelt es an Verbindlichkeit. Frankreich demonstriert derweil, wie klare Ansagen aussehen könnten.
Bild: Bundesaußenminister Westerwelle, deklamierend

Frankreich, lesen wir immer wieder, ist der kranke Mann Europas, die lahme Ente, die es einfach nicht schafft, Billigheimerreformen à la Allemagne durchzuziehen und so aus der Krise zu kommen.

Immerhin aber hat Frankreich einen Außenminister – und der kann sich sogar so ausdrücken, dass man ihn versteht: Sollten sich die Berichte über einen Chemiewaffeneinsatz in Syrien bestätigen. müsse die internationale Gemeinschaft „mit Macht“ reagieren.

Und das muss heißen: Militärisch.

Die syrische Opposition besteht sicher nicht nur aus Sympathieträgern. Aber auch diejenigen Rebellen, denen der Westen misstraut, so wie er einst manchem gegen die Russen in Afghanistan kämpfenden Kriegsherren hätte misstrauen sollen, haben ein Recht darauf, nun zu erfahren, woran sie sind.

Gibt es eine „rote Linie"? Oder war das nur leeres Geschwätz? Wenn aus Washington und Berlin wenigstens das klare Signal käme: Egal, was Assad tut (oder was ihr tut): Wir werden nicht eingreifen – dann könnte jeder, der heute für ein nach seinem Geschmack besseres Syrien kämpft, sich entscheiden, ob ihm dieser Kampf das Leben wert ist oder nicht. Es ist allemal besser, sich eine Niederlage einzugestehen als auf Hilfe zu warten, die nicht kommen wird.

„Staaten“, schreibt Josef Joffe in der aktuellen Zeit, „agieren in der Aussenpolitik, Deutschland deklamiert sie.“ Anschließend nimmt Joffe die Gemeinplätze ins Visier, die Aussenminister Westerwelle wie ein Pfarrer in der Morgenandacht des Deutschlandfunks durch die Welt trägt.

Wer nur Nichtigkeiten zu sagen hat, der könnte genausogut schweigen; und wer schweigt, stimmt bekanntlich zu. So betrachtet steht die deutsche Aussenpolitik auf der Seite Assads. Und die einzige Hoffnung für die Syrer liegt darin, dass Frankreich sich auch in diesem Punkt nicht an Berlin orientiert – sondern an den eigenen Werten.

23 Aug 2013

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Ambros Waibel

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