taz.de -- Trotz des Urteils aus Karlsruhe: Union verweigert Homo-Gleichstellung

Eigentlich müssen eingetragene Lebenspartner steuerlich Ehepaaren gleichgestellt sein. Doch die Regierung hintergeht die Reform auf dem Verwaltungsweg.
Bild: Für die Union noch immer nicht normal: schwules Paar auf einer Demo in Berlin.

BERLIN dpa/afp | Die Bundesregierung verweigert nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung schwulen und lesbischen Lebenspartnern weiterhin die volle steuerliche Gleichstellung mit Ehepaaren. Dies ergebe sich aus einem sogenannten Anwendungserlass des Finanzministeriums, der jetzt an die Bundesländer verschickt worden und ab sofort gültig sei, schreibt das Blatt.

Demnach dürfen sich homosexuelle Paare zwar in Zukunft gemeinsam zur Steuer veranlagen lassen und Vorteile wie das Ehegattensplitting nutzen. Sie sollen aber beispielsweise keinen gemeinsamen Steuerbescheid erhalten.

Auch gelten gleichgeschlechtliche Partner im steuerrechtlichen Sinne weiterhin nicht als „Angehörige“, [1][schreibt die Zeitung]. Sie würden damit schlechter behandelt als etwa die Verlobte eines Mannes oder der Bruder einer Ehefrau.

Aus Sicht der Opposition ist das Vorgehen des Ministeriums kein Zufall, sondern pure Absicht: Statt die vom Bundesverfassungsgericht verordnete steuerliche Gleichbehandlung von Ehepaaren und eingetragenen Lebenspartnern eins zu eins umzusetzen, wolle die Koalition die Reform nun offenbar auf dem Verwaltungswege hintertreiben, hieß es.

Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck kritisierte sprach in einer Erklärung von einem „Akt der Respektlosigkeit“ und einer Missachtung des Bundesverfassungsgerichts.

Die Karlsruher Richter hatten im Mai dieses Jahres die Ungleichbehandlung von Eheleuten und verpartnerten Homosexuellen beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zur Änderung der Steuerregeln aufgefordert. Die Richter verwiesen in ihrer Begründung auf den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Bis auf die Union hatten alle Parteien im Bundestag für die Gleichstellung plädiert.

12 Oct 2013

LINKS

[1] http://www.sueddeutsche.de/politik/steuerliche-gleichstellung-homosexueller-paare-heimliche-sabotage-1.1793087

TAGS

Homosexualität
Gleichstellung
Steuern
Bundesverfassungsgericht
Union Berlin
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Homo-Ehe
Homo-Ehe
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Diskriminierung
Homosexualität
Homophobie

ARTIKEL ZUM THEMA

Steuersplitting für Lebenspartner: Anspruch nur für Eingetragene

Partner einer Homo-Ehe können sich nur rückwirkend bis August 2001 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagen lassen. Das entschied der Bundesfinanzhof.

Homosexuelle in Frankreich: Mit dem höchsten Segen

Französische Bürgermeister dürfen Homosexuellen nicht die Trauung verweigern. Das Verfassungsgericht lehnte eine Berufung auf die Gewissensfreiheit ab.

Pro und Contra Schwarz-Grün: Ist die Zeit reif?

Ist ein Bündnis mit der Union für die Grünen politischer Selbstmord? Oder ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt dafür?

Homophobie an Schulen: Wenn Hausaufgaben zu schwul sind

Schwule und Lesben treffen an deutschen Schulen häufig auf Ablehnung. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes fordert jetzt Gegenstrategien.

Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann ...

... fürchtet sich. Nicht vor den Folgen der Bundestagswahl. Aber vor der Zukunft. In der die Welt in gute und schlechte Homos aufgeteilt wird.

Union streitet um Homo-Gleichstellung: Denkt denn keiner an die Kinder?

Der Chef der Unionsfraktion, Volker Kauder, will kein volles Adoptionsrecht für Homo-Paare. Parteifreunde reagieren empört.