taz.de -- Glenn Greenwald verlässt den „Guardian“: NSA-Enthüller wechselt den Job

Er war der Kontaktmann für den NSA-Mitarbeiter Edward Snowden beim „Guardian“. Jetzt hat Glenn Greenwald neue berufliche Perspektiven.
Bild: Nomen est Omen: Gleen Greenwald im Grünen.

DUBLIN taz | Glenn Greenwald verlässt den Guardian. Der 46-jährige US-amerikanische Journalist hatte dem Blatt den Coup des Jahres verschafft, als er über die Schnüffeleien der britischen und US-Geheimdienste berichtete, die sein Kontaktmann Edward Snowden aufgedeckt hatte. Greenwald sei ein „bemerkenswerter Journalist, und es war fantastisch, mit ihm zusammenzuarbeiten“, sagte die Guardian-Sprecherin Jennifer Lindauer. „Wir sind natürlich enttäuscht, dass er uns verlässt, aber wir wünschen ihm alles Gute.“

Die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen, sagte Greenwald: „Ich schätze die Redakteure und Journalisten, mit denen ich zu tun hatte, und ich bin unglaublich stolz auf das, was wir erreicht haben.“ Er habe jedoch ein Traumangebot bekommen, wie es nur einmal in der Karriere vorkomme und das kein Journalist ablehnen könne.

Worum es dabei gehe, wolle er in Kürze bekannt geben. Laut Nachrichtenagentur Reuters soll es sich um eine neue Medienplattform handeln, die vom Ebay-Gründer Pierre Omidyar finanziert wird. Der setzt einen Teil seines auf 8,5 Milliarden US-Dollar geschätztes Vermögen bereits seit geraumer Zeit für wohltätige Zwecke und neue Projekte ein.

Ursprünglich war Greenwald Rechtsanwalt, er hatte seit 1996 eine eigene Kanzlei in New York. 2005 schloss er sie, weil ihn die Arbeit langweilte. Statt dessen begann er, das Polit-Blog [1][Unclaimed Territory] zu schreiben. 2007 wechselte er zum preisgekrönten Nachrichtenportal [2][salon.com], seit August vorigen Jahres arbeitete er beim Guardian.

Dort veröffentlichte Greenwald im Juni die geheimen NSA-Dokumente, die ihm Snowden in Hongkong übergeben hatte, und entfachte dadurch den Skandal um die breit angelegte Internet-Überwachung der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste. Andrew Parker, der neue Chef des britischen MI5, behauptete in seiner ersten Rede nach Amtsantritt, die Enthüllungen hätten Terroristen die Fähigkeit verschafft, „nach Belieben anzugreifen“.

Greenwald lebt mit seinem Partner David Miranda in Rio de Janeiro. Miranda wurde im August bei einem Zwischenstopp in London-Heathrow von den Sicherheitskräften [3][neun Stunden lang festgehalten]. Seine elektronischen Geräte wurden beschlagnahmt, weil die Beamten vermuteten, dass sie Material von Snowden enthielten.

Eigentlich wollte Greenwald seinen Karrieresprung noch nicht verkünden, doch der Online-Dienst Buzzfeed hatte die Meldung [4][am Dienstagabend bekannt gemacht].

16 Oct 2013

LINKS

[1] http://glenngreenwald.blogspot.de/
[2] http://www.salon.com/
[3] /David-Miranda-ueber-seine-Festsetzung/!122401/
[4] http://www.buzzfeed.com/bensmith/exclusive-glenn-greenwald-will-leave-guardian-to-create-new

AUTOREN

Ralf Sotscheck

TAGS

Glenn Greenwald
Edward Snowden
Guardian
Journalist
NSA-Affäre
David Cameron
Schwerpunkt Überwachung
NSA
Edward Snowden
Amazon
Edward Snowden
David Miranda
NSA-Affäre
NSA-Affäre
Glenn Greenwald

ARTIKEL ZUM THEMA

Offener Brief an David Cameron: Bürgerrechtler schützen „Guardian“

In einem Schriftstück haben rund 70 Organisationen den britischen Premier aufgefordert, die Freiheitsrechte zu wahren. Der Druck auf die Zeitung müsse aufhören.

Spenden-Plattform hilft Edward Snowden: Sammeln für den Whistleblower

Unterstützer haben die Plattform freesnowden.is erstellt, um Edward Snowdens Anwaltskosten zu finanzieren. Eine ähnliche Aktion für Wikileaks scheiterte vor drei Jahren.

NSA-Spionageaktionen in Mexiko: Regierung fordert Aufklärung

Nicht nur Mexikos heutiger Präsident Enrique Peña Nieto wurde bespitzelt. Der US-Geheimdienst las offenbar auch die E-Mails von dessen Vorgänger Filipe Calderón.

Snowden zur Mitnahme von Daten: Dokumente sind vor Russland sicher

Whistleblower Edward Snowden versichert, dass Russland keine Zugriff auf NSA-Geheimdokumente hat. Auch China komme nicht an die Daten heran, sagt er.

Medientage München: Goldene Matratzen

Der Gründer von Ebay hat sich NSA-Enthüller Glenn Greenwald geholt, Amazon-Chef Jeff Bezos zuvor die „Washington Post“. Warum?

Vetrauter von Edward Snowden: Weitere Enthüllungen angekündigt

Der Fundus von Edward Snowden ist noch nicht erschöpft. Sein Vertrauter Glenn Greenwald kündigt weitere Enthüllungen an – auch für Deutschland.

David Miranda über seine Festsetzung: „Sie fragten nicht nach Terrorismus“

David Miranda, Partner des NSA-Enthüllers Glenn Greenwald, wirft Großbritannien Machtmissbrauch vor. Er will gegen seine Festnahme juristisch vorgehen.

„Guardian“ und die NSA-Affäre: Gericht schützt Mirandas Rechte

Glenn Greenwalds Partner erwirkt eine einstweilige Verfügung. Die verbietet den britischen Behörden vorläufig, das beschlagnahmte Material zu sichten.

Kommentar britische Sicherheitsbehörden: Übergriffiger Schnüffelstaat

In der Vernehmung des Lebenspartners von NSA-Enthüllungsjournalist Greenwald zeigt London seine hässliche Seite. Ein skandalöses Vorgehen.

Kolumnist und Blogger Glenn Greenwald: Der provokante Starjournalist

Für den Journalisten Gleen Greenwald sind Whistleblower wie Bradley Manning und Edward Snowden „Nationalhelden der edelsten Sorte“.