taz.de -- Pläne der EU: Gen-Mais im Frühling

Schon 2014 könnte genetisch veränderter Mais angepflanzt werden. Die EU-Kommission hat den Weg frei gemacht. Dabei war die Gen-Kartoffel ein Flop.
Bild: Ach, der Mais.

BERLIN taz | Die EU wird aller Wahrscheinlichkeit nach in Kürze einen gentechnisch veränderten Mais für den Anbau in Europa zulassen – das erste Mal seit über zehn Jahren. Die Europäische Kommission legte am Mittwoch nach eigenen Angaben den Zulassungsantrag der US-Saatgutfirma Pioneer Hi-Bred dem Rat der EU-Staaten vor.

Wenn sich, wie allgemein erwartet, unter den Ländern, etwa bei der Ratssitzung am 13. Dezember, weder eine ausreichende Mehrheit für noch gegen den Mais findet, muss die Kommission ihn zulassen – wohl noch vor der Aussaat im Frühjahr.

Gentech-Gegner argumentieren, dass die Risiken für Mensch und Natur nicht ausreichend untersucht worden seien. Der Pioneer-Mais produziert ein Gift, das bestimmte Insekten wie den Maiszünsler töten soll. Zudem ist er widerstandsfähig gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat. Mute Schimpf, Gentechnik-Expertin des Umweltverbands Friends of the Earth, sagt deshalb: „Der zuständige Kommissar Tonio Borg und Kommissionspräsident Manuel Barroso sind vor der Gentechnik-Industrie eingeknickt.“

Derzeit dürfen in der EU nur zwei Gentech-Pflanzen angebaut werden: ein Mais des Saatgutkonzerns Monsanto und eine Kartoffel von BASF. Der Mais „MON810“ wird aber fast nur in Spanien verwendet. Deutschland hat wie acht andere EU-Staaten eine Ausnahmeregel genutzt und die Sorte verboten. Die Gentech-Kartoffel war wirtschaftlich gesehen ein Flop, weshalb BASF sie nicht mehr verkauft. Selbst die Freilandversuche mit Gentech-Pflanzen kamen in diesem Jahr in der Bundesrepublik zum Erliegen.

Pioneer-Mais

Folglich wäre der Pioneer-Mais namens „1507“ ein Durchbruch für die Gentech-Industrie, sollte er in Deutschland ausgesät werden. Pioneer hatte die Zulassung schon 2001 beantragt, wartet aber bis heute auf eine Entscheidung. Bereits zweimal erhob der Konzern vor Gericht Untätigkeitsklage gegen die Kommission. Vor wenigen Wochen gab der Europäische Gerichtshof der Firma recht. Nun entschied die Behörde, nicht in Berufung zu gehen, sondern, wie vom Gericht verlangt, den Zulassungsantrag dem EU-Rat zu schicken.

In die Vorlage hat die Kommission nach eigenen Angaben Empfehlungen der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) aufgenommen. Das Amt hatte ein Programm gefordert, um zwei Risiken zu überwachen: dass die Schädlinge resistent gegen das Insektengift des Maises werden und dass auch Nützlinge von ihm getötet werden. Beide Gefahren lassen sich den Experten zufolge aber durch Vorsichtsmaßnahmen in den Griff bekommen.

Ob der Mais nach einer Zulassung durch die EU tatsächlich in Deutschland angebaut würde, ist unklar. Pioneer hält sich bislang offen, ob es den Mais hierzulande überhaupt anbieten will – oder etwa nur in Spanien. Die Bundesregierung könnte ihn auf deutschem Territorium verbieten, wenn sie neue Hinweise auf Gefahren für Gesundheit oder Umwelt findet.

Die Kommission hatte vor drei Jahren vorgeschlagen, solche nationalen Ausnahmen auch ohne neue Hinweise auf derartige Risiken zu erlauben. Der Rat ließ die Sache aber im Sande verlaufen. Borg forderte ihn nun auf, erneut darüber zu diskutieren. Aktivistin Schimpf hält das jedoch für einen Trick, die Zulassung auf EU-Ebene zu erleichtern.

Den besonders stark gentechnisch veränderten Mais Smartstax der Hersteller Monsanto und Dow AgroSciences ließ die Kommission bereits am Mittwoch zu. Er darf aber nicht in der EU angebaut, sondern nur etwa als Futtermittel importiert werden.

7 Nov 2013

AUTOREN

Jost Maurin

TAGS

EU
Gen-Mais
EU-Kommission
Schwerpunkt Genmais
Schwerpunkt Gentechnik
Patente
EU
Schwerpunkt Gentechnik
Schwerpunkt Gentechnik
Gen-Mais
Schwerpunkt Gentechnik
Bio
Europawahl
EU

ARTIKEL ZUM THEMA

Mehrheit reicht nicht für Anbauverbot: Bald mehr Genmais in Europa

Die EU-Agrarminister können sich nicht auf ein Anbau-Verbot für manipulierte Pflanzen einigen. Nun will die EU-Kommission zulassen.

Bundesregierung schafft nur Enthaltung: Weg frei für Gentech-Mais

Trotz breiter Ablehnung in Bevölkerung und Politik will sich Deutschland bei der EU-Abstimmung über neuen Gentechnik-Mais enthalten.

Bündnis erhebt Einspruch gegen Patent: Keine Paprika für Syngenta

Bauern- und Umweltorganisationen aus 26 Ländern wollen verhindern, dass der Schweizer Agrarkonzern das Patent auf eine Paprika-Sorte erhält.

Folge von Skandalen: EU will neue Bio-Regeln

Die Europäische Kommission plant eine Reform der Ökoverordnung. Die Branche soll besser kontrolliert und umweltfreundlicher werden.

Tschüs Amflora: Gericht verbietet Gentech-Kartoffel

Das Gericht der Europäischen Union bemängelt Fehler beim Zulassungsverfahren. Allerdings: Die Kartoffel wächst in der EU sowieso nicht mehr.

Streit über Gen-Mais-Studie: Kritische Forscher wehren sich

Ein Fachblatt widerruft eine umstrittene Untersuchung zu Gesundheitsgefahren von „Gen-Mais“. Die Autoren drohen mit Schadenersatzforderungen.

Biotechnologie-Forschung: Schlag gegen Gentech-Kritiker

Eine Fachzeitschrift zieht ihre Publikation über zu hohe Krebsraten bei Ratten durch manipuliertes Futter zurück. Die Umstände des Widerrufs sind fragwürdig.

Pharmamanager über Biotechnologie: „Grüne Gentechnik wird gebraucht“

Innovationen und nicht knappe Ressourcen befördern die pflanzenbasierte Wirtschaft. Das meint der Vorsitzende der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie.

Entscheidung der Evangelischen Kirche: Niederlage für Biobauern

Die Forderung nach einem Bonus für Ökohöfe bei der Vergabe von Land scheitert im Parlament der Evangelischen Kirche in Deutschland.

Grüne fordern ökologische EU: Angriff auf Merkel und Oettinger

Nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl wollen die Grünen bei der Europawahl hervorstechen. Der CDU werfen sie vor, die Energiewende auszubremsen.

EU streitet über Genmais-Import: Im Zweifel für Monsanto

Der Saatgut-Konzern Monsanto will Gen-Mais in die EU einführen. Weil sich die EU-Länder nicht über die Zulassung einigen können, wird wohl Brüssel entscheiden. Mit Ja.

Ilse Aigner: Die Absteigerin

Die Verbraucherschutzministerin erhält den „Dinosaurier des Jahres“ – eine negative Auszeichnung von Umweltlobbyisten. In Berlin hat Aigner wenig Zukunft.

Landwirtschaftsministerin entscheidet: Anbau von Genmais verboten

Aus für den Anbau von Genmais: Die Bundesregierung hat das Aussäen der Monsanto-Körner untersagt. Die Gentechpolitik der EU-Kommission ist gescheitert.

Gentech-Pflanzen: Fehlende Messdaten für Gen-Mais

Die ökologischen Folgen des Anbaus von insektenresistenten Gentech-Mais sind immer noch unklar. Eine standardisierten Messmethode gibt es immer noch nicht.