taz.de -- Club der „AAA“-Länder schrumpft: Niederlande abgewertet

Die US-Ratingagentur Standard & Poor's entzieht den Niederländern die Top-Bonität. Peinlich ist das auch für Eurogruppenchef Dijsselbloem.
Bild: Leiden unter der Immobilienblase: Ein Niederländer hängt ein „Zu Verkaufen“-Schild an einem Haus auf.

BRÜSSEL taz | Nun hat es also auch die Niederlande erwischt. Dem Land, das den Chef der Eurogruppe stellt, wurde von der US-Ratingagentur Standard & Poor's S&P die Spitzennote „AAA“ entzogen. Zur Begründung verweisen die US-Experten auf schlechte Konjunkturaussichten. Mit einer ähnlichen Argumentation hatten sie vor zwei Wochen schon Frankreich herabgestuft.

Die Niederlande leiden seit Jahren an den Folgen einer Immobilienblase. Als sie platzte, stürzte das Land, das einst für sein sozialverträgliches „Poldermodell“ gelobt wurde, in eine tiefe Krise. In diesem Jahr dürfte die Wirtschaft um 1,2 Prozent schrumpfen. Trotz immer neuer Sparprogramme wird Den Haag wohl auch 2014 die Drei-Prozent-Grenze beim Budgetdefizit überschreiten.

Das Downgrading werde wohl keine unmittelbaren Folgen haben, gab sich der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem optimistisch. Er rechne nicht mit steigenden Zinsen und damit höheren Kosten für den Schuldendienst. Dennoch ist die Herabstufung eine Blamage für den Sozialdemokraten Dijsselbloem. Als Chef der Eurogruppe sollte er eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen.

Doch das gelingt ihm immer weniger. Anfang Oktober musste Dijsselbloem überraschend eine Reise nach Washington absagen, weil sein neues Sparbudget auf Widerstand im Parlament stieß.

Auch ärgerlich für Schäuble

Die Eurogruppe stand bei der wichtigen Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds plötzlich ohne ihren Chef da. Nun wird der Club der Euroländer von einem Mann geleitet, dessen Land – was das Wachstum angeht – schlechter dasteht als Frankreich.

Darüber dürfte sich auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ärgern. Schließlich hatte er Dijsselbloem auf den Chefposten in der Eurogruppe gehievt. Zudem hat Schäuble innerhalb der Währungsunion einen Club der „AAA“-Länder gegründet, dem neben den Niederlanden auch Finnland und Luxemburg angehören. Gemeinsam setzten Berlin, Den Haag und Helsinki einen strikten Sparkurs durch.

Nun sind nur noch drei Länder mit der Super-Bonitätsnote „Triple A“ in Euroland übrig. Doch auch Finnland wackelt. Erst vor zehn Tagen hat EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn die Regierung in Helsinki wegen der steigenden Schuldenlast gerügt. Wenn es so weiter geht, steht Deutschland mit seinem „AAA“ bald ganz allein da - und mit seiner umstrittenen Finanzpolitik auch.

29 Nov 2013

AUTOREN

Eric Bonse

TAGS

Eurokrise
Niederlande
Eurogruppe
Jeroen Dijsselbloem
Wolfgang Schäuble
Deutschland
Ratingagentur
Eurokrise
Ratingagentur
Wirtschaftskrise
Ratingagentur
Spanien
Niederlande
EU-Kommission
Kabinett
EU

ARTIKEL ZUM THEMA

Künftiger EU-Kommissionspräsident: Nicht schuld an der Eurokrise

EU-Währungskommissar Olli Rehn bringt sich vor dem Europaparlament als neuer Chef der Brüsseler Behörde in Stellung.

EU verliert Bestnote: Ratingagentur erniedrigt Europa

Standard & Poor's stuft während des Gipfels die Kreditwürdigkeit der EU herab. Das könnte die Finanzierung von Krediten erschweren.

Austeritätsfalle erwischt Niederlande: Klassenprimus in der Krisenklemme

Miese Ratings, hohe Arbeitslosigkeit, Immobilienkrise: Die Niederlande sind das nächste Opfer der von Kanzlerin Merkel geforderten Sparpolitik.

Ratingagenturen in der Kritik: Aufsicht sieht zahlreiche Mängel

Europas Wertpapieraufsicht hat die Ratingagenturen aufs Korn genommen. Unabhängigkeit und Vertraulichkeit stehen infrage. Standard & Poor's hat reagiert.

Krisenländer und Rettungsschirm: Irland und Spanien steigen aus

Die einstigen Krisenländer wollen die Rettungsprogramme verlassen. Das heißt nicht, dass Irland und Spanien die Krise überwunden haben.

Budgetregeln der Eurozone: Niederländischer Sparminister in Not

Eurogruppenchef Jereon Dijsselbloem muss ein wichtiges Treffen des IWF schwänzen. Zu Hause ist er wegen Milliardeneinsparungen in der Defensive.

Neuorientierung der EU-Kommission: Brüssel übt sich in Zurückhaltung

Die EU will weniger regulieren und bestehende Vorschriften zurückziehen. Damit reagiert die Kommission wohl auch auf den Erfolg eurokritischer Parteien wie der AfD.

Hochwasserschäden der Länder: Fast 6,7 Milliarden Euro

Noch ist der Fluthilfefonds von 8 Milliarden Euro nicht ausgeschöpft. Bayern meldete Schäden von 1,3 Milliarden an, ein ostdeutsches Bundesland hat noch mehr Bedarf.

Europas Wirtschaft wächst wieder: Raus aus der Rezession

Nachdem in den vergangenen anderthalb Jahren die Wirtschaftsleistung der EU stetig sank, legte sie nun wieder zu. Auch Spanien und Portugal geht es besser.