taz.de -- Französische Soldaten in Zentralafrika: Der Militäreinsatz „Sangaris“ beginnt

Nach den neuen Unruhen in Zentralafrika startet Frankreich frühzeitig seinen Militäreinsatz. Er wurde vom UN- Sicherheitsrat gebilligt und wird von der EU unterstützt.
Bild: Soldaten des Rebellenbündnis Séléka patrouillieren am Freitag in Bangui. Die Straßen der Hauptstadt sicher zu machen ist das erste Ziel des Militäreinsatzes.

PARIS/BERLIN afp/dpa | Nach der Billigung durch den UN-Sicherheitsrat und angesichts neuer Gräueltaten hat Frankreich seinen Militäreinsatz in der Zentralafrikanischen Republik gestartet. Der Einsatz habe mit Patrouillen in der Hauptstadt Bangui begonnen, sagte [1][der französische Verteidigungsminister] Jean-Yves Le Drian am Freitag dem Radiosender RFI. Die Zahl der französischen Soldaten zur Unterstützung afrikanischer Truppen soll in kurzer Zeit auf 1.200 Mann aufgestockt werden.

Es gehe darum „ein Minimum an Sicherheit“ zu schaffen, um einen humanitären Einsatz in dem Krisenland zu ermöglichen, sagte Le Drian. Dazu müsse zunächst einmal Sicherheit auf den Straßen hergestellt werden, damit die Menschen beispielsweise in ein Krankenhaus gelangen könnten. Außerdem müssten die afrikanischen Truppen in die Lage versetzt werden, während des politischen Übergangsprozesses die Sicherheit in Zentralafrika herzustellen. Der Militäreinsatz wurde nach einer roten Schmetterlingsart „Sangaris“ genannt.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Donnerstag einer Ausweitung des Militäreinsatzes in der Zentralafrikanischen Republik zugestimmt. Insgesamt sollen 1.200 französische Soldaten und 3.600 Soldaten der Afrikanischen Union (AU) der seit Monaten anhaltenden Gewalt in dem Land ein Ende setzen.

Angesichts neuer Gewalt in Bangui mit mindestens 130 Toten kündigte Frankreichs Staatschef François Hollande kurz nach dem grünen Licht des Sicherheitsrates eine „unverzügliche“ Militäraktion seines Landes an. Die Zahl der französischen Soldaten in Zentralafrika solle „in den nächsten Tagen, wenn nicht in den nächsten Stunden“ auf 1.200 verdoppelt werden.

Der Einsatz startet früher als vorgesehen

Außenminister Laurent Fabius sagte dem Sender France Info am Freitag, eigentlich habe Frankreich seinen Militäreinsatz erst am Sonntag beginnen wollen. „Aber nach den entsetzlichen Schandtaten vom Donnerstagmorgen hat der Präsident (...) entschieden, dass [2][die Operation sofort beginnt].“ Die frühere Kolonialmacht hatte zur Vorbereitung ihres Einsatzes bereits in den vergangenen Tagen Truppen und Material nach Zentralafrika verlegt, zuletzt befanden sich rund 650 französische Soldaten im Land.

Nach Angaben von Verteidigungsminister Le Drian traf am Donnerstagabend eine französische Kompanie aus Libreville, der Hauptstadt Gabuns, zur Verstärkung in Bangui ein. Einer Kompanie gehören in der Regel rund 150 Soldaten an. Le Drian versicherte, dass der Einsatz „eine kurze Zeit“ dauern werde. Frankreich startet bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres einen Militäreinsatz in Afrika. Im Januar war die französische Armee in Mali interveniert, um islamistische Rebellen zu bekämpfen.

In Zentralafrika herrschen Chaos und Gewalt, seit das mehrheitlich muslimische Rebellenbündnis Séléka im März Staatschef François Bozizé stürzte. Rebellenchef Michel Djotodia wurde Übergangspräsident und löste Séléka auf, die Gewalt hält aber unvermindert an. Unter anderem gibt es heftige Kämpfe zwischen früheren Séléka-Kämpfern und christlichen Milizen.

Die EU gibt zusätzliche 50 Millionen Euro für den Einsatz

Die Europäische Union stellt für die multilaterale Militärmission in der von Unruhen erschütterten Zentralafrikanischen Republik zusätzlich 50 Millionen Euro zur Verfügung. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte am Freitag in Paris, dies sei „eine konkrete Art und Weise, auf die Erwartungen der internationalen Gemeinschaft und der Afrikaner einzugehen“.

Mit Blick auf Frankreich, das sich als einziges europäisches Land mit Soldaten an dem Einsatz afrikanischer Truppen beteiligt, sagte er: „Frankreich übernimmt eine große Verantwortung, die wir als Europäer alle unterstützen sollten.“

Barroso, der am Freitag zu einem Afrika-Gipfel nach Paris gekommen war, verwies darauf, dass die 50 Millionen zu den 225 Millionen Euro hinzukommen, die bereits für Entwicklungshilfe für die Zentralafrikanische Republik bereitgestellt wurden. Außerdem umfasse die europäische Unterstützung bereits 20 Millionen Euro für humanitäre Hilfe.

Laut EU sollen die 50 Millionen Euro über einen Topf zur Friedenssicherung in Afrika ausgezahlt werden. Darüber sollen unter anderem Unterkunftskosten und Essen für die afrikanischen Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik oder medizinische Hilfe mit abgedeckt werden, Militärausrüstung hingegen nicht.

Deutschland bietet Unterstützung an

Deutschland ist bereit, den französischen Militäreinsatz in der Zentralafrikanischen Republik mit einem Transportflugzeug zu unterstützen. Das sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der Nachrichtenagentur dpa am Freitag in Berlin auf Anfrage.

„Auch Deutschland erwägt, Frankreich logistisch zu unterstützen. Dazu sind wir mit den französischen Partnern im Gespräch“, sagte der Sprecher. „Denkbar wäre logistische Hilfe durch strategischen Lufttransport, das heißt, französische Truppen von Frankreich in ein Nachbarland der Zentralafrikanischen Republik zu fliegen.“

Dafür soll ein Transportflugzeug vom Typ Airbus A310 zur Verfügung gestellt werden, das von Eindhoven aus operieren würde. Es hat Platz für rund 200 Personen. Kabinett oder Bundestag müssten einem solchen Einsatz nach Angaben des Verteidigungsministeriums nicht zustimmen. Die Bundeswehr ist derzeit mit insgesamt rund 5300 Soldaten an 16 Auslandseinsätzen beteiligt.

6 Dec 2013

LINKS

[1] http://www.rfi.fr/afrique/20131206-france-le-drian-rca-afrique-sommet-elysee-mali
[2] http://www.franceinfo.fr/politique/l-invite-de-8h15/laurent-fabius-invite-de-france-info-1239183-2013-12-06

TAGS

Schwerpunkt Frankreich
Zentralafrika
Militäreinsätze
Bangui
Afrika
Sicherheitspolitik
Zentralafrikanische Republik
Zentralafrika
Bangui
Zentralafrikanische Republik
Zentralafrikanische Republik
Zentralafrika
LRA
Zentralafrika
Zentralafrikanische Republik

ARTIKEL ZUM THEMA

Europas Militäreinsätze in Afrika: Frankreichs Tarnung

Neun der 16 derzeit laufenden Militärmissionen der EU befinden sich in Afrika. Aber das hat mehr europäische als afrikanische Gründe.

Der sonntaz-Streit: Braucht Europa eine eigene Armee?

Die europäischen Länder geben viel Geld für Rüstung aus. Eine europäische Armee würde Kosten sparen. Deutschland allerdings ist zögerlich.

Zentralafrikanische Republik: Täglich zehntausend neue Flüchtlinge

Mittlerweile sind über 210.000 Menschen vor den mordenden Milizen in Bangui auf der Flucht – doch nur der kleinere Teil von ihnen wird versorgt.

Chaos in Zentralafrika: Ein Gesprächsangebot für Frieden

Die schwere Gewalt dauert an. Der zentralafrikanische Präsident hat den christlichen Milizen nun ein Gespräch angeboten. Kameruner werden in ihre Heimat ausgeflogen.

Zentralafrikanische Republik: Französische Soldaten erschossen

Die Hauptstadt Bangui kommt trotz des französischen Militäreinsatzes nicht zur Ruhe. Über eine halbe Million Menschen sind auf der Flucht.

Zentralafrikanische Republik: Mehr Soldaten in Bangui

Frankreich erhöht seine Truppenstärke in Zentralafrika auf 1.600 Soldaten. Auch die Afrikanische Union stockt ihre Militärpräsenz auf.

Zentralafrikanische Republik: Schlachtfeld Bangui

Der UN-Sicherheitsrat gibt grünes Licht für eine Militärintervention. In der Hauptstadt Bangui kommt es zu schweren Kämpfen und Massakern.

Unruhen in Zentralafrika: Mehr Soldaten nach Bangui

Nun sind es mehr als 600 französische Militärs in der Hauptstadt Bangui. Paris und Amnesty International fordern von der UNO ein rasches Handeln.

Zentralafrikanische Republik: Der unsichtbare Joseph Kony

Die Regierung der Zentralafrikanischen Republik sagt, dass der gesuchte ugandische Milizenführer Joseph Kony mit ihr verhandelt. Sie lässt sich dabei von M23-Rebellen beraten.

Französiche Armee in Zentralafrika: Eingreifen mitten im Chaos

Frankreich schickt 1.000 Soldaten in die Zentralafrikanische Republik, um die Gewalt einzudämmen. Der Einsatz wird wohl schwieriger als der in Mali.

Zentralafrikanische Republik: Warnungen vorm Völkermord

Frankreich drängt auf UN-Beschluss zum Eingreifen gegen ausufernde Gewalt. Präsident Djotodia verhandelt mit dem ugandischen Warlord Joseph Kony.