taz.de -- Kommentar Gewalt im Südsudan: Machtlos gegen Massenmord

Die Weltgemeinschaft ist sich einig: Das Morden soll gestoppt werden. Doch genau wie vor 20 Jahren in Ruanda folgen der Einsicht keine konkrete Taten.
Bild: Südkoreanische Blauhelmsoldaten im Südsudan

Hilflos sieht die Weltgemeinschaft zu, wie ihr jüngstes Mitglied Südsudan in einen blutigen Bürgerkrieg abgleitet, bei dem beide Seiten einander mittlerweile mit Mitteln des Völkermords bekämpfen: die kollektive Tötung von Angehörigen der jeweils als Feind angesehenen Ethnie ohne Ansehen der Person.

Schutz gibt es für die Bedrängten nur in UN-Militärbasen, die aber nur ungenügend Schutz bieten können. Von offensivem Eingreifen gegen Killer auf den Straßen ganz zu schweigen.

Es hat eine gute Woche gedauert, bevor der UN-Sicherheitsrat eine Aufstockung der Blauhelmtruppe im Südsudan beschließen konnte. Es wird Wochen dauern, bevor diese Aufstockung auch ankommt. Und ob sie tatsächlich etwas bewirkt, darf angesichts früherer Erfahrungen mit UN-Missionen bezweifelt werden.

Aller Diskussionen um „Schutzverantwortung“ und den Lehren aus dem Völkermord in Ruanda 1994 zum Trotz ist die Welt heute gegenüber organisiertem Massenmord offenbar nicht besser aufgestellt als damals. Diese Erkenntnis mag nach den jüngsten Erfahrungen mit Syrien wenig überraschen.

Aber anders als im Fall Syrien gibt es im Falle Südsudan keinen Zwist unter den Weltmächten, der ein Eingreifen verhindern würde. Und anders als in Ruanda vor zwanzig Jahren gibt es heute viel schnellere und umfassende Kommunikations- und Informationskanäle.

Noch ist es nicht zu spät, um zu verhindern, dass auf Ruanda 1994 ein ebenso grauenhaftes Südsudan 2014 folgt. Aber wenn es nicht zu spät werden soll, muss ein deutliches Signal ergehen.

Wer Soldaten nach Juba schicken kann, um die eigenen Landsleute zu evakuieren, kann auch Südsudanesen retten. Wer durch jahrelange zähe Diplomatie überhaupt erst die Entstehung des freien Südsudan möglich machte, müsste jetzt auch politische Schritte für das Überleben dieses Landes unternehmen können.

27 Dec 2013

AUTOREN

Dominic Johnson

TAGS

Südsudan
UN
Ruanda
Massenmord
UN-Blauhelme
Südsudan
Südsudan
Südsudan
Südsudan
Prag
Südsudan
Dinka
Südsudan
Bürgerkrieg
Südsudan
Südsudan

ARTIKEL ZUM THEMA

Bürgerkrieg im Südsudan: Am Nil sollen die Waffen schweigen

Die Kriegsparteien unterzeichnen zwei Abkommen zum Abschluss ihrer Verhandlungen in Addis Abeba. Politische Gefangene kommen nicht frei.

Kolumne Macht: Die Frau des Rebellenchefs

Die Lage im Südsudan ist kompliziert. Und Kriegsreporter sind nicht weniger anfällig für Kitsch als andere Leute, vielleicht sogar mehr.

Bürgerkrieg im Südsudan: Brutales Tauziehen um die Macht

Die Kämpfe zwischen den Konfliktparteien intensivieren sich. Das belastet auch die bevorstehenden Friedensgespräche unter der Ägide Äthopiens.

Friedensgespräche in Äthiopien: Etwas Hoffnung für den Südsudan

Zum ersten Mal seit dem Beginn des Machtkampfes im Südsudan werden sich die Konfliktparteien treffen. In zwei Regionen wurde der Notstand verhängt.

Palästinensischer Botschafter in Prag tot: Die Explosion war kein Attentat

Nach Medienberichten ist der palästinensische Botschafter am ersten Januar in seiner Residenz tödlich verletzt worden. Ein Attentat wurde ausgeschlossen.

Bürgerkrieg im Südsudan: Hoffnung auf Verhandlungen

Die Regierungsarmee hat trotz Unterstützung aus Uganda eine wichtige Stadt verloren. Nun versammeln sich die Kriegsparteien zu Gesprächen.

Südsudans Nachbarn mischen sich ein: 120.000 Bürgerkriegsflüchtlinge

Die Zahl der Flüchtlinge in Südsudan steigt weiter. Derweil fordern die Nachbarn Friedensgespräche. Wenn die Kämpfe nicht bald enden, würden „weitere Maßnahmen“ erwogen.

Bürgerkrieg im Südsudan: Leichengeruch in der Polizeiwache

Das Ausmaß der Massaker lässt sich kaum überblicken. Die Situation im Südsudan wird immer unübersichtlicher. Eine britische Reporterin musste fliehen.

Friedensbewegung in Südsudan: „Aufhören, unser Volk zu töten“

Südsudanesen machen gegen die Ausbreitung des Bürgerkriegs in ihrem Land mobil. Auch viele Exilanten beteiligen sich an den Aktionen.

UN-Mission im Südsudan: Verwirrung über Massengrab-Bericht

Die UN-Mission im Südsudan hat einen UN-Bericht über ein angebliches Massengrab dementiert. Dennoch gebe es Hinweise auf Kriegsverbrechen im Land.

Krise im Südsudan: UN-Truppen sollen verdoppelt werden

Die südsudanesische Armee rückt gegen die Rebellen vor. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen will die UN-Truppen dort schnell verstärken.