taz.de -- Kommentar Zentralafrikanische Republik: Nicht durchdachte Intervention
Frankreich greift in der Zentralafrikanischen Republik ein – ohne sinnvolles Konzept. Seine Armee muss jetzt zwischen zwei unangenehmen Optionen wählen.
Afrika erlebt etwas Ungewöhnliches: eine französische Militärintervention, die nicht funktioniert. Der Einsatz in der Zentralafrikanischen Republik sollte kurz und schmerzlos sein – eine Entwaffnungsaktion gegen Milizen, die nur wenige Wochen dauern würde. Aber statt die Hauptstadt Bangui zu befrieden, hat die Entsendung von 1.600 Kampftruppen die Lage chaotisiert.
Der Grund liegt auf der Hand: Frankreich wird in Zentralafrika als neokoloniale Ordnungsmacht wahrgenommen. Als Frankreich am 5. Dezember Soldaten nach Bangui schickte und wenige Tage später auch noch Präsident Hollande zum Blitzbesuch in Bangui eintraf, dachten alle, jetzt würde der ineffektive Präsident Michel Djotodia, Führer der ehemaligen Rebellenallianz Seleka, unblutig abgesetzt.
Aber die Franzosen taten nichts dergleichen. Sie haben viele Seleka-Kämpfer entwaffnet, aber politisch nichts initiiert und die nicht minder brutal agierenden Oppositionsmilizen nicht in die Schranken gewiesen. So ist die Regierung Djotodia jetzt militärisch geschwächt, aber niemand ist politisch gestärkt.
Demnächst werden weitere afrikanische Friedenstruppen in Bangui eintreffen. Und selbst wenn die UNO dem Drängen der zentralafrikanischen Religionsführer nachgeben und eine Blauhelmtruppe beschließen sollte – was sollte die ausrichten?
Die internationalen Eingreifer, wenn sie einmal da sind, müssen eine einfache, aber unangenehme Wahl treffen. Entweder ist Djotodia der legitime Präsident und dann hilft man ihm, das Gewaltmonopol zu gewinnen. Oder er ist es nicht, und dann setzt man eine Alternative ein. Blutige Repression oder neokolonialer Umsturz – vor diese finstere Wahlmöglichkeit hat François Hollandes undurchdachte Interventionspolitik jetzt seine Armee in Zentralafrika gestellt.
30 Dec 2013
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