taz.de -- Kirche will Homosexualitätsverbot: Orthodoxe fordern Referendum
In Russland wird erneut verlangt, Homosexualität zu verbieten. Kirchensprecher Schaplin will „solche sexuellen Kontakte“ verbannen.
MOSKAU afp | Kurz vor dem Beginn der Olympischen Winterspiele in Russland hat die orthodoxe Kirche des Landes ein Referendum über ein neuerliches Verbot homosexueller Beziehungen ins Gespräch gebracht. Er sei „überzeugt, dass solche sexuellen Kontakte vollständig aus dem Leben unserer Gesellschaft verbannt werden sollten“, sagte Kirchensprecher Wsewolod Schaplin der Onlineausgabe der regierungsnahen Tageszeitung Iswestija vom Freitag. Es sei daher „keine Frage, dass die Gesellschaft das Thema diskutieren sollte, weil wir in einer Demokratie leben“.
Mit Blick auf stetige Kritik westlicher Staaten an der Menschenrechtslage in Russland sagte Schaplin weiter, „die Mehrheit unserer Menschen und nicht irgendwelche Mächte außerhalb“ solle „entscheiden, was ein kriminelles Vergehen ist und was nicht“. Wenn homosexuelle Beziehungen „durch moralischen Duck“ unterbunden werden könnten, sei dies „umso besser“. „Aber wenn wir auf Unterstützung durch das Recht zurückgreifen müssen, lasst uns die Menschen fragen, ob sie dazu bereit sind“, sagte Schaplin, der auch regelmäßig im russischen Staatsfernsehen auftritt.
Die Situation von Homosexuellen in Russland ist insbesondere vor den Olympischen Spielen in der Schwarzmeerstadt Sotschi ein Streitthema zwischen der Führung in Moskau und westlichen Staaten. Viele Prominente riefen Sportler und Sportfunktionäre bereits dazu auf, während des Großereignisses vom 7. bis zum 23. Februar ihre Unterstützung für Homosexuelle kundzutun.
Im vergangenen Jahr hatte Russlands Staatschef Wladimir Putin ein Gesetz unterzeichnet, das homosexuelle Handlungen vor Minderjährigen bei Strafe verbietet. Homosexualität war in der Sowjetunion im Jahr 1934 unter dem Diktator Josef Stalin verboten worden. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde das Verbot im Jahr 1993 aufgehoben. Homosexuelle sahen sich in Russland aber auch weiterhin mit Repressionen konfrontiert.
10 Jan 2014
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