taz.de -- Atommüll in Deutschland: Gorleben belebt die Papiere

Eine Endlagersuchkommission soll „ergebnisoffen“ nach einer Lagerstätte für Atommüll suchen. Aber die Idee „Gorleben“ ist nicht totzukriegen.
Bild: War doch eine klare Ansage, oder? Und irgendwie gab es da doch das ein oder andere Versprechen ...

GÖTTINGEN taz | Das Endlager in Gorleben ist fertig. Zumindest auf dem Papier: Die Tochter der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe, die DBE TEC, hat detaillierte Zeichnungen und Berechnungen vorgelegt, welche Arten von Atommüll wo im Salzstock Gorleben eingelagert werden können.

Außer hoch radioaktiven Abfällen soll demnach auch schwach und mittel radioaktiver Müll vergraben werden – und das teilweise in Bereichen, die dem Bund gar nicht gehören.

Die Planskizze ist Bestandteil der „Vorläufigen Sicherheitsanalyse Gorleben“ (VSG), eines Gutachtens, mit dessen Erstellung die Bundesregierung 2010 die Gesellschaft für Reaktor- und Anlagensicherheit (GRS) beauftragt hatte. Diese wiederum vergab Teilstudien an andere Institute und Firmen, darunter auch die DBE TEC.

Umweltschützer kritisierten damals deren Nähe zur Atomwirtschaft, denn die einstmals staatliche DBE gehört inzwischen den AKW-Betreibern. Immerhin sagte Berlin 2013 zu, die Ergebnisse der VSG so lange auf Eis zu legen, bis die Expertenkommission ihre Empfehlungen vorgelegt hat.

Studie sieht auch Platz für schwach aktiven Müll vor

Die Einlagerungspläne der DBE TEC, die der taz vorliegen, zeigen, dass drei Bereiche im östlichen Teil des Salzstocks für den hoch radioaktiven Müll – also abgebrannte Brennelemente aus Atomkraftwerken, verglaste Abfälle aus Wiederaufarbeitungsanlagen und andere stark strahlende Komponenten aus Atomanlagen – vorgesehen sind.

Aufmerken lässt aber, dass auch Einlagerungsbereiche für schwach und mittel radioaktiven Müll wie abgereichertes Uran oder graphithaltige Abfälle aus den gescheiterten Experimenten mit der Hochtemperaturreaktortechnologie ausgewiesen werden. Denn offiziell ist Gorleben bislang ausschließlich als Standort eines Endlagers für hoch aktiven Strahlenmüll genannt und geprüft worden.

##

Auch eine Enteignung wird gleich mitgedacht

Nicht weniger überraschend: Die DBE TEC-Pläne benennen auch Einlagerungsbereiche, die dem Bund gar nicht gehören. Die Besitzer, die Familie von Bernstorff und mehrere Kirchengemeinden, aber weigern sich seit etlichen Jahren, das Land über dem Gorlebener Salzstock und die dazu gehörenden Salzrechte zu verkaufen.

Eine Enteignung der widerspenstigen Eigentümer war immer mal wieder ins Gespräch gebracht worden. Im Zuge der Verhandlungen über das Standortauswahlgesetz hatte die Bundesregierung aber zugesagt, auf dieses Mittel zumindest vorerst nicht zurückzugreifen.

15 Jan 2014

AUTOREN

Reimar Paul

TAGS

Endlager-Kommission
Atommüllendlager
Endlagersuchgesetz
Atommüllendlager
Atomenergie
Atomausstieg
Atommüll
Gorleben
Castor-Transport
Salzstock
Bewegung
Reaktorsicherheit
Atommüll
Schwerpunkt Atomkraft
Anti-Atom-Bewegung
Atommüll
Castor-Transport
Bärbel Höhn
La Hague
Barbara Hendricks
Gorleben
Gorleben
Atommüll
Endlager-Kommission
Schwerpunkt Atomkraft
Atommüll
Atommüll
Endlagersuchgesetz

ARTIKEL ZUM THEMA

Suchkommission für Atom-Endlager: Allzweckwaffe Töpfer soll es richten

Damit die Suche nach einem Endlager endlich losgehen kann, ist die Bundesumweltministerin bereit, das Gesetz noch einmal umzuschreiben.

Untersuchungen im AKW Brunsbüttel: 18 rostige Atommüll-Fässer gefunden

Der Verdacht ist bestätigt: Im AKW Brunsbüttel lagern mindestens 18 kaputte Fässer mit Atommüll. Hunderte weitere Behälter werden noch untersucht.

Bürgerinitiative kritisiert Reaktor-Abbau: Abriss in radioaktiver Grauzone?

Ausgerechnet Atomkraftgegner fordern den Rückbaustopp in Neckarwestheim. Sie fürchten, die Demontage des AKWs könnte unnötig Strahlung freisetzen.

Hessen würde Atommüll zwischenlagern: „Irgendwo muss das Zeug ja hin“

Unter gewissen Bedingungen könnte Atommüll in Hessen zwischengelagert werden. Ein Endlager schließt der grüne Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir jedoch aus.

Atommüll: Schlupfloch für Castoren

Laut einer Greenpeace-Studie schließt auch das novellierte Atomgesetz nicht aus, dass ab 2015 neue Castor-Behälter nach Gorleben kommen.

Umweltausschuss im Bundestag: Zurück zu den Wurzeln

Mit Bärbel Höhn stellen die Grünen erstmals den Vorsitz im Umweltausschuss. Dort wollen sie nun mit Klimapolitik punkten.

Bürgermeister zu Castor-Protesten: „Wir sollen hier eine Kröte schlucken“

Blockiert die CDU bald Castoren? Zur Not schon, sagt Philippsburgs Bürgermeister Stefan Martus. Er und sein Stadtrat wollen keine weiteren Behälter.

Neue Umweltministerin Hendricks: Schnörkellos an die Macht

Barbara Hendricks, bisher Schatzmeisterin der SPD, wird Umweltministerin. Die 61-Jährige gilt als klug, uneitel, mit klarer Meinung. Sie wird zu kämpfen haben.

Konkurrenz um Gorleben: Erdgas statt Endlager?

Niedersachsen erteilt einer Firma eine „Aufsucherlaubnis“ für Öl und Gas. Das Suchfeld reicht bis auf 350 Meter an den Gorlebener Salzstock heran.

Zombie-Endlager: Ein Plan B für Gorleben

Will Umweltminister Peter Altmaier den Salzstock doch als mögliches Endlager im Auge behalten? Oder warum lässt er nun klagen?

Radioaktive Abfälle in Deutschland: Atommüll im Porträt

Erstmals haben Aktivisten eine Bestandaufnahme zu allen bekannten radioaktiven Abfällen vorgelegt. Der Bericht umfasst 92 Standorte.

Chefin des Endlagergremiums: Heinen-Esser soll Kommission leiten

Die CDU-Politikerin Ursula Heinen-Esser soll die Kommission zur Suche nach einem Endlager leiten. Es gibt Lob für diese Entscheidung.

Teuere Hinterlassenschaft der Atomindustrie: 100 Jahre Atomruine

Das AKW Hamm wurde einst als Zukunft der Atomtechnik gepriesen. Jetzt steigen die Kosten für den Rückbau. Bis 2080 wird der Reaktor die Staatskasse belasten.

Atommüll Endlager-Kommission: Umweltverbände unter Druck

Die Parteien halten am Zeitplan für die Besetzung der Endlager-Kommission fest. Aber die deutschen Umweltverbänder wollen noch nicht.

Endlager-Kommission: Atom-Gewerkschaft sucht Standort

Für die wichtige Endlager-Kommission nominiert der DGB ausgerechnet die Bergbau-Gewerkschaft IG BCE. Die war bisher großer Fan von Gorleben.

Gesetz zur Endlagersuche: Streit um Vorschlag Oettingers

Kurz vor der Verabschiedung des Endlagersuchgesetzes äußert der baden-württembergische Umweltminister Kritik. Die Suche müsse auf einer „weißen Landkarte“ stattfinden.