taz.de -- Volksentscheid über Tempelhofer Feld: Bürger, zur Urne, zur Freiheit
Das Volksbegehren hat Erfolg: Die Berliner dürfen über die Bebauungspläne auf dem Tempelhofer Feld abstimmen. Grüne legen Kompromissvorschlag vor.
Soll das Tempelhofer Feld bebaut werden oder so bleiben, wie es ist? Über diese Frage können die Berlinerinnen und Berliner nun abstimmen. Die Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ hat rund 11.000 gültige Unterschriften mehr als die erforderlichen 174.000 eingereicht, wie die Landeswahlleiterin am Dienstag erklärte. Sofern das Abgeordnetenhaus den Vorschlag der Initiatoren, das Feld nicht zu bebauen, nicht übernimmt, kommt es damit erneut zu einem Volksentscheid.
Die Initiative wendet sich gegen Pläne des Senats, an den Seiten des ehemaligen Flughafenfelds den Bau mehrerer tausend Wohnungen zuzulassen und Gewerbe anzusiedeln. Nach Ansicht der Gruppe profitieren davon nur Immobilienspekulanten und Großinvestoren, der Verkauf dieser wertvollen Grünflächen sei nicht im Interesse der BerlinerInnen. Ihr nun zur Abstimmung stehendes „Schutzgesetz“ gebe dagegen Zeit für eine politische Debatte, erklärt Kerstin Meyer von „100 Prozent Tempelhofer Feld“ der taz. „Das Feld ist auch zum Symbol für Berliner Wohnungs- und Liegenschaftspolitik geworden.“
Insgesamt hatten die Initiatoren rund 237.000 Unterschriften für ihr Anliegen eingereicht. Dass davon rund 21 Prozent für ungültig erklärt wurden, habe man erwartet, so Meyer. „Der größte Anteil der ungültigen Stimmen kommt laut Landeswahlleiterin von Berlinern, die als Ausländer kein Wahlrecht haben.“ In den vergangenen Tagen hatte es eine Debatte über die Gültigkeit von Unterschriften gegeben. Vor allem Befürworter der Senatspläne hatten moniert, die Bezirke seien bei der Prüfung der Unterschriften unterschiedlich streng, etwa wenn das eigentlich erforderliche Geburtsdatum fehlt.
Dennoch will der Senat die Entscheidung der Landeswahlleiterin akzeptieren. „Es gibt von unserer Seite nicht irgendeinen Vorbehalt gegen irgendjemanden“, sagte Senatssprecher Richard Meng. Als Konsequenz aus den Vorwürfen will der Senat allerdings die Ausführungsbestimmungen für künftige Volksbegehren überprüfen lassen.
Grüne suchen dritten Weg
Als Reaktion auf das erfolgreiche Begehren erneuerten die Grünen am Dienstag ihre Forderung, das Abgeordnetenhaus möge einen Kompromiss zwischen den Senatsplänen und den Null-Bebauungsplänen der Initiative finden. Dieser dritte Weg solle dann als alternativer Gesetzentwurf zum Entscheid zur Abstimmung gestellt werden.
Wie alle Parteien im Senat sind auch die Grünen grundsätzlich für eine Bebauung des Feldes. „Dort können mit einer moderaten und vernünftigen Bebauung an den Flanken des Feldes Quartiere entstehen, die zugleich lebendig und vorbildhaft für die Herausforderungen der Zukunft sind“, sagt Antje Kapek, grüne Fraktionsvorsitzende und stadtentwicklungspolitische Sprecherin. Dies könnte, im Gegensatz zur „geplanten Einheitsbebauung des Senats“, sicher auch breite Akzeptanz in der Öffentlichkeit bekommen.
Für den Parteichef der Berliner Linken, Klaus Lederer, ist der grüne Vorschlag zwar eine nette Idee, „aber die Grünen regieren ja nicht“, bemerkt er gegenüber der taz. Daher sei nun der rot-schwarze Senat am Zug und müsse „den Initiatoren ein offenes Gespräch anbieten“, um einen Kompromiss zu finden. Für die Linke sei eine „geringfügige Bebauung für Geringverdiener“ durchaus denkbar, so Lederer.
Wenn der Grünen-Vorstoß nun im Abgeordnetenhaus eine neue Debatte auslöst, sei das nur zu begrüßen, so Meyer von „100 Prozent“. Allerdings könne sie sich nicht vorstellen, wie „ein bisschen Bebauung in Gesetzesform gegossen“ werden könne. Sie vermute daher, „dass unser Schutzgesetz am Ende auch für die Opposition die bessere Alternative ist“. Es sei daher noch lange nicht ausgemacht, dass die Initiative in der anstehenden Wahlkampagne von keiner Partei Unterstützung bekommen wird. „Alle müssen sich nun entscheiden, ob sie den vollen Masterplan unterstützen oder unser Moratorium fürs Feld.“
Der Termin für die Abstimmung ist weiter offen. Laut Senatssprecher Meng gibt es ein Zeitfenster von Ende April bis Anfang Juni, in dem der Senat frei entscheiden könne. Die Initiatoren streben den Tag der Europawahl am 25. Mai an. Das würde Kosten sparen und für eine höhere Beteiligung sorgen. Der letzte Entscheid im November zum Thema Energie war knapp gescheitert, weil zu wenige Menschen abgestimmt hatten.
28 Jan 2014
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