taz.de -- Neue Milliardenklage gegen Porsche: Die Hedgefonds attackieren

Spekulanten überziehen Edel-Autobauer mit Schadenersatzforderungen: Sie fühlen sich von den Stuttgartern betrogen.
Bild: Teures Auto, womöglich richtig teure Schadensersatzforderungen für Porsche

STUTTGART/BERLIN taz | Sie haben gezockt – und Milliarden in den Sand gesetzt. Jetzt wollen 24 Hedgefonds das Geld zurück. Ein weiterer Höhepunkt in einem der spektakulärsten Wirtschaftskrimis der Autogeschichte startete am Montag in Stuttgart. Dort zogen Spekulanten rund um die New Yorker Fondsgesellschaft Glenhill Capital vor das Landgericht – ausgerechnet gegen den Luxuswagenhersteller Porsche.

Es geht um den gescheiterten Versuch der Edelmarke, den Autoriesen Volkswagen zu übernehmen. Das war im Jahr 2009. Noch ein Jahr zuvor hatte die Porsche Automobil Holding SE per Pressemitteilung bestritten, ihren VW-Anteil auf 75 Prozent aufstocken zu wollen. Monate später gab Porsche bekannt, genau dies zu wollen. Die VW-Aktienkurse schossen nach oben – Anleger, die auf fallende Kurse gewettet hatten, verloren Geld.

Nun fordern die Hedgefonds Schadensersatz. 1,36 Milliarden Euro in Stuttgart. Ihr Vorwurf: Porsche habe die Öffentlichkeit bewusst im Unklaren gelassen. Erst zum Zeitpunkt der Pressemitteilung sei die Entscheidung, VW übernehmen zu wollen, gefallen, behauptet Porsche. Ob die Pressemitteilung haftungsbegründend war, fragte sich am Montag die Vorsitzende Richterin.

Die Übernahmeschlacht beschäftigt derzeit Juristen in ganz Deutschland, insgesamt geht es um Forderungen von über 5 Milliarden Euro. Am Braunschweiger Landgericht sind noch fünf Klagen anhängig. Anleger verlangen dort bis zu 1,8 Milliarden Euro. In Hannover fordern sieben Investmentfonds knapp 2 Milliarden Euro.

Der aktuelle Prozess wechselte bereits auf Drängen Porsches von New York nach Deutschland. „Wir haben hier nicht so ein Pingpongspiel, wie Sie es aus Braunschweig und Hannover kennen“, sagte die Richterin. Heute sei gesetzlich geregelt, dass der Prozess am Sitz der Beklagten stattfinden müsse.

Das Stuttgarter Landgericht verurteilte bereits in erster Instanz den früheren Porsche-Finanzchef Holger Härter wegen Kreditbetrugs zu einer Geldstrafe. Härter hatte mit seinen Finanzkapriolen den Gewinn von Porsche höher ausfallen lassen als den Umsatz. Geprellte Anleger waren bei diesem Prozess jedoch nur Nebenaspekt.

Inzwischen ist Porsche eine erfolgreiche Marke im Riesenreich von VW. Am Dienstag feiert Porsche in Leipzig die Werkserweiterung für seinen jüngsten Spross, den Macan. 50.000 Stück des kleinen Bruders des Geländeboliden Cayenne sollen jährlich gebaut werden – fast ein Drittel des gesamten Porsche-Absatzes 2013.

10 Feb 2014

AUTOREN

Kai Schöneberg

TAGS

Volkswagen
Porsche
Autoindustrie
Schadensersatz
Hedgefonds
Soziale Spaltung
Europäischer Gerichtshof
Porsche
taz.gazete

ARTIKEL ZUM THEMA

Verzerrte Verbraucherpreise: Mehr Porsche als Suppenküche

Wieder wird das Statistische Bundesamt eine niedrige Inflationsrate präsentieren. Doch die Berechnung ignoriert die soziale Spaltung in Deutschland.

Kommentar VW-Gesetz: Niedersachsen kann jubeln

Der Europäische Gerichtshof weist die Klage der EU-Kommission gegen das VW-Gesetz zurück. Aufatmen in Wolfsburg. Ist die Freude berechtigt?

Wochenarbeitszeit: Bei Porsche ist weniger mehr

Wer weniger arbeitet, ist produktiver. Deshalb arbeiten die Angestellten bei Porsche weniger, obwohl die Bücher voll sind. Für die Gewerkschaften ein Signal.

Superreiche in Deutschland: Aldi wirft das meiste ab

Welche Krise? Die vermögendsten Deutschen sahnten nach einer Liste des „Manager-Magazins“ auch im vergangenen Jahr kräftig ab.