taz.de -- Endlager für Atommüll: Grüne streiten über Kommission

Die Unterstützung für eine CDU-Politikerin als Vorsitzende spaltet die Grünen. Nach den Niedersachsen geht auch Parteichefin Peter auf Distanz.
Bild: Der ewige Kandidat Gorleben

BERLIN taz | Innerhalb der Grünen ist offener Streit über den Vorsitz der Kommission ausgebrochen, die die neue Suche nach einem Atommüll-Endlager vorbereiten und begleiten soll. Die ehemalige CDU-Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Ursula Heinen-Esser, auf die sich die Fachpolitikerinnen aller Bundestagsfraktionen bereits im letzten Sommer geeinigt hatten, wird vom niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel abgelehnt.

Der Vorschlag sei „hoch problematisch“ und stoße auf „entschiedenen Widerspruch“, heißt es in einem Schreiben von Wenzel und der niedersächsischen Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anja Piel an die Partei- und Fraktionsführung, das der taz vorliegt.

Die atompolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl, hatte sich schon früh für Heinen-Esser ausgesprochen: „Sie kann hervorragend moderieren und Positionen zusammenführen.“ Das habe sich etwa bei den Gesetzen zur Räumung des havarierten Atommüll-Lagers Asse und zum Neustart der Endlagersuche gezeigt. Wenzel wirft der Staatssekretärin der CDU-Umweltminister Norbert Röttgen und Peter Altmaier hingegen vor, eine langjährige Befürworterin des Endlager-Standortes Gorleben zu sein. Mit ihrer Ernennung würde „die notwendige Ergebnisoffenheit in Frage gestellt“.

Heinen-Esser wies das auf Anfrage der taz zurück. Zwar habe sie zunächst die offizielle Linie der Regierung mitgetragen, sagte sie. „Aber im Laufe meiner intensiven Beschäftigung mit dem Thema Endlager habe ich gelernt, dass eine einseitige Festlegung auf Gorleben nicht funktionieren kann.“ Notwendig sei stattdessen „ein fairer Prozess mit gleichen Ausgangsbedingungen für alle Standorte“.

Umweltverbände lehnen Heiner-Esser ab

In der Grünen-Parteispitze werden die Vorbehalte gegen Heinen-Esser aber offenbar ernst genommen. „Um Vertrauen aufzubauen und das Verfahren konstruktiv voranzubringen, sollte die Kommissionsleitung von allen Akteuren, gerade auch von den Umweltverbänden, mitgetragen werden“, sagte die Vorsitzende Simone Peter der taz.

Die Umweltverbände hatten bereits deutlich erklärt, dass sie Heinen-Esser ablehnen. Auch Wenzel will nicht nachgeben. „Für Niedersachsen kann ich ausschließen, dass wir dieser Personalie zustimmen“, sagte er. Kotting-Uhl erklärt nun, die Entscheidung könne „nicht im Konflikt mit Niedersachsen“ fallen.

Die 33-köpfige Endlager-Kommission mit VertreterInnen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Kirchen, Gewerkschaften und Umweltverbänden soll am 13. März vom Bundestag gewählt werden. Die Umweltverbände wollen aber erste Ende März über eine Beteiligung entscheiden, so dass ihre Plätze zunächst frei bleiben könnten.

25 Feb 2014

AUTOREN

Malte Kreutzfeldt

TAGS

Schwerpunkt Atomkraft
Gorleben
Atommüllendlager
Atomstreit
Bündnis 90/Die Grünen
Endlagersuche
Atom
Anti-Atom-Bewegung
Atommüll
Atommüll
Atommüll
Endlagersuche
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
Atomenergie
Europawahl 2014
Europawahl

ARTIKEL ZUM THEMA

Besetzung der Endlager-Kommission: N.N. strahlt für die Umweltvertreter

Der Bundestag wählt für die Endlager-Kommission ein Expertengremium ohne Vertreter der Umweltverbände. Sie hatten aus Protest niemanden benannt.

Kommission für Atomendlager: Bundestag müht sich um Verbände

Die Parteien wollen das Problem mit dem Atommüll lieber heute als morgen vom Hals haben. Die Suchkommission soll endlich arbeiten.

Streit über Atommüll-Kommission: Finde das Endlager

Die Kommission zur Endlagersuche soll in zwei Wochen eingesetzt werden. Politik und Umweltverbände sind in wichtigen Punkten unverändert unversöhnlich.

Suche nach Atommüll-Endlager: Hendricks will Vertrauen

Niedersachsen hatte den Plan für die Erkundung von Gorleben aufgehoben und wurde vom Bund dafür verklagt. Jetzt wird die Klage zurückgezogen.

Suchkommission für Atom-Endlager: Allzweckwaffe Töpfer soll es richten

Damit die Suche nach einem Endlager endlich losgehen kann, ist die Bundesumweltministerin bereit, das Gesetz noch einmal umzuschreiben.

Umweltministerin zu Besuch in der Asse: All along the Salztower

Barbara Hendricks (SPD) sieht keine Möglichkeit, den Strahlenmüll in der Asse vor dem Jahr 2033 zu bergen. Wissenschaftlern dauert das zu lange.

Endlagersuche wohl unter CDU-Führung: Entscheidung unter vier Augen

CDU-Frau Ursula Heinen-Esser soll den Vorsitz der Expertenkommission übernehmen. Umweltverbände finden das nicht gut.

Immer mehr Atommüll-Müll: Müdes Material

Jetzt wurden bereits 18 verrostete Fässer mit radioaktivem Abfall im Atomkraftwerk Brunsbüttel entdeckt und es könnten noch weit mehr werden.

Untersuchungen im AKW Brunsbüttel: 18 rostige Atommüll-Fässer gefunden

Der Verdacht ist bestätigt: Im AKW Brunsbüttel lagern mindestens 18 kaputte Fässer mit Atommüll. Hunderte weitere Behälter werden noch untersucht.

Standortsuche für Atommüllbehälter: Da waren es nur noch sieben

Wohin mit den 21 Castoren, die ab 2017 nach Deutschland rollen werden? Ein internes Papier der Bundesregierung schließt schon mal vier Standorte aus.

Atommüll: Strahlende Löcher

Im Atomkraftwerk Brunsbüttel sind weitere beschädigte Fässer mit radioaktivem Material entdeckt worden. Das ganze Ausmaß der Schäden ist noch unklar.

Grüne Europawahl-Kampfabstimmung: Zu wenig für den Putsch

Rebecca Harms musste um ihre dritte Spitzenkandidatur kämpfen. Im Duell mit der 25 Jahre jüngeren Ska Keller gab sie alles – und gewann überraschend klar.

Rebecca Harms über Enttäuschungen: „Ich bin keine schlechte Verliererin“

Sie ist eine Heldin des Gorleben-Widerstandes. Nach der Niederlage bei den Vorwahlen kämpft Rebecca Harms um Platz eins auf der Europawahlliste der Grünen.