taz.de -- Kommentar Doppelpass-Kompromiss: Murks aus Berlin
Die Union gönnt der SPD beim Doppelpass keinen Erfolg, und die SPD-Spitze hat das Kleingedruckte übersehen. Ausbaden müssen das aber andere.
Es ist zum Mäusemelken. Eigentlich haben sich SPD und Union in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, den sogenannten Optionszwang abzuschaffen: In Deutschland geborene Einwandererkinder sollen sich künftig nicht mehr zwischen der deutschen Staatsbürgerschaft und der ihrer Eltern entscheiden müssen, sondern beide Pässe behalten dürfen. So steht es im Papier. Schon das war nur ein halber Erfolg für die SPD, der es am liebsten gewesen wäre, die Mehrstaatlichkeit für alle zu ermöglichen.
Doch die Union gönnt der SPD noch nicht einmal diesen halben Erfolg. Sie pocht nun auf das Kleingedruckte, in diesem Fall auf das Wort „aufgewachsen“. Innenminister de Maizière will, dass Jugendliche künftig durch ein Schulzeugnis oder Ähnliches nachweisen müssen, dass sie hierzulande nicht nur geboren, sondern auch aufgewachsen sind, um ihr Recht auf einen Doppelpass zu bekommen.
Das ist bürokratischer Unsinn, der nur der Gesichtswahrung dient. Denn um den Eindruck zu vermeiden, dass sie beim Doppelpass eingeknickt und auf dem Rückzug sind, kämpfen Teile der Union jetzt um jeden Zentimeter. Das ist kleinlich und schäbig und geht auf Kosten der betroffenen Jugendlichen.
Die SPD-Spitze aber macht auch keine gute Figur: Sie muss sich vorwerfen lassen, zu viel versprochen und schlampig gearbeitet zu haben. Mehrfach hat SPD-Chef Gabriel verkündet, ohne die doppelte Staatsbürgerschaft werde er keinem Koalitionsvertrag zustimmen. Aber am Ende hat er offenbar nicht mehr so genau hingeschaut, was er da unterschrieben hat. Nun muss er versuchen, den Unmut in seiner Partei zu dämpfen.
Auf der Strecke bleiben die betroffenen Jugendlichen, die weiter auf eine klare Neuregelung des Staatsbürgerrechts warten müssen. Und die Verwaltungsbehörden, die diesen Murks aus Berlin ausbaden müssen.
27 Feb 2014
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