taz.de -- Friedensgespräche im Nahen Osten: Am Rande des Scheiterns
Die Palästinenser reizen Israel mit einer Initiative bei den UN, Israel reizt die Palästinenser mit weiterem Wohnungsbau. US-Vermittler Kerry gibt noch nicht auf.
RAMALLAH ap | Der Nahost-Friedensprozess steht am Rande des Scheiterns. Der als Vermittler eingesetzte US-Außenminister John Kerry sagte eine für Mittwoch angekündigte Nahost-Reise ab, nachdem die Palästinenser entgegen bisherigen Zusagen eine neue Initiative für ihre Anerkennung bei UN-Organisationen ergriffen hatten. Dennoch will Kerry die Friedensbemühungen noch nicht abschreiben.
„Wir sind immer noch, auch jetzt noch, im Gespräch mit beiden Seiten“, sagte Kerry am Dienstagabend in Brüssel. „Wir drängen beide Seiten zur Zurückhaltung, während wir weiter mit ihnen zusammen arbeiten.“
Doch wurde am Mittwoch auch bekannt, dass Israel seine umstrittene Siedlungspolitik fortsetzt, die als großes Hindernis für eine Einigung mit den Palästinensern gilt. Die israelische Regierung habe diese Woche erneut den Bau von 700 Wohnungen in Ostjerusalem ausgeschrieben, erklärte die Gruppe Peace Now, die den israelischen Wohnungsbau kritisch beobachtet. Dies ziele offenbar darauf ab, Hindernisse für die Friedensverhandlungen zu schaffen, mutmaßte die Gruppe.
Israel und die Palästinenser verhandeln seit acht Monaten über die Gründung eines Palästinenserstaates, der dann dauerhaft in Frieden mit Israel leben soll. Die Unterhändler haben sich eine Frist bis Ende April gesetzt. Doch sind keine Fortschritte zu erkennen. Kerry pendelte zuletzt immer wieder in den Nahen Osten, um zumindest eine Fortsetzung der Gespräche über die gesetzte Frist hinaus zu erwirken.
Zuletzt erwogen die USA dafür offenbar sogar einen spektakulären Schritt: die von Israel gewünschte Freilassung des israelischen Topspions Jonathan Pollard aus US-Haft. Wie die Nachrichtenagentur AP am Dienstag aus Verhandlungskreisen erfuhr, erhoffte man sich im Gegenzug die israelische Zustimmung, 400 palästinensische Häftlinge freizulassen. Dies zielte darauf, die Palästinenser am Verhandlungstisch zu halten.
Doch kündigte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas danach überraschend an, die Kampagne für eine Anerkennung ihres Staates bei den Vereinten Nationen wieder aufzunehmen. Für 15 UN-Organisationen und UN-Konventionen seien bereits Anträge auf Anerkennung gestellt worden.
Israel kommentierte die Aussagen zunächst nicht. Doch hatte das Land mit strikter Ablehnung auf frühere Versuche der Palästinenser auf Anerkennung bei den UN reagiert. Die Palästinenserführung hatte eigentlich zusagt, dies während der Friedensverhandlungen nicht weiter zu betreiben.
Kriegsverbrechen vor dem Strafgerichtshof
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hatte Palästina im Herbst 2012 den Status eines Beobachterstaates zuerkannt – gegen den Widerstand Israels und der USA. Das öffnete den Palästinensern auch den Weg, sich an andere UN-Organisationen zu wenden. Besonders besorgt war Israel darüber, dass Palästina Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs werden und der israelischen Regierung dort Kriegsverbrechen vorwerfen könnte.
Der US-Kompromissvorschlag war auch in Israel nicht bei allen auf Gegenliebe gestoßen. Kabinettsminister Uri Ariel sagte, er wolle nicht, dass im Gegenzug für Pollard verurteilte palästinensische Mörder freigelassen würden. Der Inhaftierte lehne diesen „schändlichen Deal“ ebenfalls ab.
Pollards Exfrau Anne verwies jedoch auf den schlechten Gesundheitszustand des seit 29 Jahren Inhaftierten. „Ich habe wirklich keine Ahnung, wie er das so lange ausgehalten hat und wie lange er das noch aushält“, sagte sie.
2 Apr 2014
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