taz.de -- Kommentar Sport-Spektakel in Rio: Die Gewalt der Spiele
Die politische Elite will mit der Fußball-WM und Olympia 2014 ein modernes Brasilien inszenieren. Die Armen in Rio haben davon nichts - außer Repressionen.
Die Stimmung in Rio de Janeiro ist gespannt. Allerdings herrscht zwei Monate vor der WM keine Vorfreude auf spannende Fußballspiele. Der Schauplatz des Weltmeisterschaftsfinales und Austragungsort der Olympischen Spiele 2016 wird vielmehr zur Tribüne eines Wettstreits zweier ungleicher Parteien. Auf der einen Seite steht die Staatsmacht, die das Bild eines modernen, herausgeputzten Brasiliens in Szene setzen will. Ihr Gegenspieler sind die Armen und Unzufriedenen, die nicht in dieses Bild passen, das „wirkliche Brasilien“, wie sie selbst sagen.
Kurz vor dem Fußballspektakel nimmt die Gewalt zu. Die Armee wurde angefordert, um die riesige Maré-Favela in der Nähe des Flughafens zu besetzen. Unweit des Maracanã-Stadions räumte die Polizei ein Fabrikgelände, das 5.000 Familien kürzlich besetzten, weil die Spekulation im Vorfeld der Sportereignisse die Mieten auch in Armenvierteln in die Höhe getrieben hat.
Erniedrigungen seitens der Uniformierten gehören zu den Spielregeln, ebenso Proteste und Ausschreitungen derjenigen, die die Wohlstandversprechen von Fifa und IOC auch eingelöst sehen wollen. Immer wieder gibt es Tote und Verletzte. Glaubt man aber den großen Medien, geht es bei den Konflikten der letzten Wochen lediglich um den Kampf gegen das Organisierte Verbrechen. Die Kriminellen schlagen zurück, weil das Befriedungsprogramm der Stadtregierung ihren Einfluss beschneidet.
Fraglos ist der Drogenhandel ein ernstes Problem, zumal Polizei und korrupte Politiker daran gut mitverdienen. Doch die Massendemonstrationen im Juni zum Confed-Cup haben gezeigt, dass die Unzufriedenheit im Land wächst. Ein Umdenken der Herrschenden ist nicht zu erkennen, im Gegenteil: Sie planen zum Anpfiff der WM ein Gesetz, dass gewaltbereite Demonstranten als Terroristen brandmarkt.
Für die Aktivisten, die WM und Olympia als Instrument zur sozialen Säuberung und Bereicherung der Eliten kritisieren, ist denn auch der jüngste Rüffel des IOC wegen der Verzögerung der Bauarbeiten an den Olympiastätten nichts weiter als eine Verschleierung. Die Panik um Termine und Fristen ist ein guter Grund für weitere Sondergesetze und lenkt von den Folgen einer verfehlten Stadtpolitik ab.
14 Apr 2014
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