taz.de -- UN wollen Nordkorea vor Gericht bringen: Leid dem Volk, Waffen dem Regime

Die Menschen in Nordkorea leiden Hunger und haben keinerlei Menschenrechte. Deswegen wollen die UN das Regime vor dem Strafgerichtshof anklagen.
Bild: „Die Menschen essen Gras und kleine Nagetiere“, klagt Michael Donald Kirby (r) Nordkora an.

NEW YORK dpa | Wegen „beispielloser Menschenrechtsverletzungen“ soll Nordkorea nach Angaben eines UN-Untersuchungsausschusses vor den Internationalen Strafgerichtshof gebracht werden. „80.000 bis 120.000 Menschen sitzen in Lagern für politische Häftlinge, Millionen Menschen leiden. Der Hunger ist unvorstellbar“, sagte der Vorsitzende der Kommission, Michael Donald Kirby, am Donnerstagabend (Ortszeit) in New York nach einer Anhörung des UN-Sicherheitsrates.

„Die Menschen essen Gras und kleine Nagetiere, während das Regime die viertgrößte Armee der Welt unterhält und moderne MiG-Jagdflugzeuge kauft“, sagte der Australier. Der Bericht sei auch Machthaber Kim Jong Un zugeschickt worden. „Denn er ist der Hauptverantwortliche, alle Drähte laufen bei ihm zusammen. Deshalb wäre er auch der erste Adressat einer Anklage.“

„Es ist schwer, sich einen anderen Fall vorzustellen, der eher vor den Strafgerichtshof gebracht werden müsste“, sagte Kirby. „Nordkorea weigert sich, seinem Volk auch nur grundlegende Menschenrechte zu gewähren.“ Die internationale Gemeinschaft müsse nun handeln. „Was das sein kann, kann nur der Sicherheitsrat entscheiden. Aber es ist jetzt Zeit für Taten und das sollte dem Regime in Pjöngjang auch klargemacht werden.“ Und weiter: „Nichts zu tun ist keine Option.“

Russland und China waren als einzige Mitglieder der Sitzung ferngeblieben. Kirby sagte, dass er dennoch mit breiter Unterstützung für die Forderung seiner Expertengruppe rechne. „Auch China muss besorgt sein, ein Land vor der Tür zu haben, das Atomwaffen und Trägersysteme hat und dabei noch so instabil ist.“ Es sei eine Ironie, dass die USA Nordkorea aus humanitären Gründen mit Nahrung versorgten und das Regime in Pjöngjang seinem Volk die Lebensmittel als Reparationen verkaufe, die die USA zahlen müssten.

Human Rights Watch forderte, die Arbeit des Sicherheitsrates nicht länger auf das nordkoreanische Atomprogramm zu begrenzen. „Zum ersten Mal in der Geschichte wurde der Rat mit den abscheulichen Verbrechen der nordkoreanischen Regierung gegen sein eigenes Volk konfrontiert“, sagte Philippe Bolopion von der Menschenrechtsorganisation. „Es wäre skrupellos, sich weiter nur mit dem Atomprogramm zu befassen.“

18 Apr 2014

TAGS

Nordkorea
UN
Internationaler Strafgerichtshof
Menschenrechte
Kim Jong Un
Nordkorea
Nordkorea
Nordkorea
Nordkorea
Barack Obama
Nordkorea

ARTIKEL ZUM THEMA

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un: Überfressen oder unter Hausarrest

Abgetaucht oder abgetreten? Kim Jong Un fehlt bei der Jubiläumsfeier seiner Partei. Insider sehen ihn jedoch weiter an der Macht.

Nordkorea meldet Hochhaus-Katastrophe: Wohl Hunderte Tote bei Einsturz

Wie viele Todesopfer das „unvorstellbare Unglück“ in Nordkorea forderte, ist unklar – möglicherweise starben Hunderte bei dem Einsturz eines Hauses in Pjöngjang.

Politische Haft in Nordkorea: Der Westen wünscht sich Freiheit

Nordkorea soll nach dem Willen westlicher Länder seine Lager für politische Gefangene schließen. Sie forderten dies bei einer Anhörung des UN-Menschenrechtsrats.

Nach Feuerwechsel mit Nordkorea: Südkorea findet abgestürzte Drohne

Kurz nach den jüngsten Spannungen zwischen Nord- und Südkorea hat Seouls Militär eine Drohne nahe der Seegrenze gefunden. Woher sie stammt, ist noch unklar.

Reaktion auf Militärübung: Schüsse an Nordkoreas Grenze

Die Grenzbewohner wurden in Schutzbunker gebracht, nachdem Schüsse an der Westküste Südkoreas fielen. Vorausgegangen war eine Übung Pjöngjangs.

Provokation zum Präsidenten-Treffen: Nordkorea testet Raketen

Beim Gipfeltreffen sprechen sich Obama und Kollegen aus Seoul und Tokio gegen Nordkoreas Atomprogramm aus. Da startet Pjöngjang erstmal zwei Mittelstreckenraketen.

Nordkorea feuert Raketen ab: Aus 30 Rohren

Etwa 60 Kilometer flogen die Rakten von Diktator Kim Jong-un ins offene Meer. Südkorea sieht in der Übung auch eine Reaktion auf die eigenen Manöver mit den USA.