taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Ich hab'n Helm auf, du Uschi!
Die Begabung Florian Schröders macht mich schwach. Der Springer-Verlag schluchzt. Journalismusvernichtung bei der „Süddeutschen“.
Hallo, taz-Medienredaktion!
Das wird Dich jetzt traurig machen, es ist so, wie wenn Claus Kleber feststellen muss, dass Gundula Gause einen Neuen hat – ich habe einen Neuen.
Ich war bei der WDR-Aufzeichnung des Prix Pantheon zugegen und ich muss zugeben, Begabung macht mich schwach! Es gibt wohl kaum etwas, das more sexy ist, als wenn jemand richtig, richtig begabt ist. Florian Schröder ist richtig, richtig begabt. Tut mit leid, Medienredaktion, aber wenn der durch den Abend führt, dann kannst Du als Claus Kleber der Medienberichterstattung noch so sehr mit Deinem Kugelschreiber rollen, dann ist das ganz hinreißende intelligent-kluge Moderation.
Ich rechne jetzt nicht damit, dass der WDR oder eine andere öffentlich-rechtliche Anstalt das Talent bemerkt und entsprechend aufbaut. Ich gehe eher davon aus, dass Florian Schröder im Regionalen rumdümpeln wird, ab und zu beim WDR-Sommerfest ein Gewinnspiel moderieren und am Ende besoffen Bratpfannen bei Kaufland anpreisen wird.
Aber egal. Wie er mit wenigen geschickten Zügen die Verleihung des Prix Pantheon unter Einbindung von Katholiken, alten Herren und Scheidungsfragen zu einer Dauerwerbesendung für Die Zeit gemacht hat – großartig! Das dürfte neben der Zeit-Kinospot-Verarsche durch meinen tapferen Verein Freischreiber der zweite große unverhoffte Werbehammer für Helmut Schmidts Bürgerblatt sein. Es sind die Kleinen, die den Großen den Erfolg bereiten!
Google als langer Arm der 68er
Leider sind es aber auch die Großen, die den Kleinen in die Suppe spucken, und so frage ich mich, wie das eigentlich mit den Öffentlich-Rechtlichen wird, wenn TTIP, das Freihandelsabkommen mit den USA, durchkommt. Schließlich ist Fernsehen und sind Nachrichten ein Wirtschaftszweig und TTIP räumt US-Unternehmen die Möglichkeit ein, Deutschland zu verklagen, wenn sie nicht die gleichen Wettbewerbsbedingungen haben. Ein staatlich subventioniertes Fernsehen bedeutet alles andere als gleiche Wettbewerbsbedingungen.
Zum Thema „Wettbewerb“ gefallen mir die Tränen derer besonders gut, die nicht nur gegen das von uns allen finanzierte Internetangebot der Öffentlich-Rechtlichen klagen, sondern die ihre Mitarbeiter vertraglich verpflichten, Amerika, dem Nordkorea des Westens, die Treue zu halten. Christoph Keese vom Springer Verlag schluchzt: „Internet-Unternehmen wie Google, Apple und Facebook wollen uns Verlage vernichten.“
Ehrlich gesagt, Herr Keese, das Gebaren Ihres Verlags zum Abbau des Journalismus als Beruf, von dem man leben kann, ist so erfolgreich, dass ich geradezu auf Google warte, um Sie wegzuputzen. Natürlich ist es etwas traurig, dass Google kommen muss, wo die 68er versagt haben, aber man kann nicht alles haben!
Eine Frage der Individualität
Auch traurig war es in Sachen Journalismusvernichtung, in der Süddeutschen Zeitung fünf Personen vorgestellt zu bekommen, die Journalisten waren und nun etwas anderes machen, weil sie ihre Familie ernähren können wollten. Eine von denen ist jetzt Pfarrerin und sie sprach davon, dass der hohe Druck unter dem freie Journalisten stünden, die Seele kaputt mache. Und man solle bloß nicht denken, dass man unverwundbar sei.
Es sei eine Frage der Individualität, wie viel man ertrage, bevor man verhärtet. Also ich habe keine Ahnung, wovon die Tussi spricht. Die ist doch voll krass behindert, Mann! Voll das krasse Gottgelaber absabbern und mir erzählen wollen, ich wäre verhärtet! Ich bin nicht verhärtet. Ich hab’n Helm auf, du Uschi! Voll Bock die Zähne der Alten in ihrer Relifresse Samba tanzen zu lassen, zurück nach Berlin!
7 May 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Das Kabinett verabschiedet einen Gesetzentwurf, der autonomes Fahren regelt. Aber was ist mit den Kernfragen Haftung und Ethik?
Was macht Jakob Augstein mit 1.000 Krautreporter-Abos? Kommen die in eine „Freitag“-Wundertüte? Oder gibt es so was nur für Eltern?
Franz Josef Wagner wird der Jopi Heesters der „Bild“, das „Manager Magazin“ hat veraltete Adressatensoftware und die taz diskriminiert alle.
Das Outfit von Juli Zeh, die Ariel-Propaganda der Nazi-Nannen-Negierer und der „Tatort“ aus Münster auf der großen Leinwand.
Der Fußball verkommt zum Luschen-Weh-Weh-Vergleich, die Finnen beobachten ein Klo und der Stern bastelt an der „Redaktion der Zukunft“.
Wolf Schneider, Götterbote des geschliffenen Satzes, war mal gut. Und die Alten von der Deutschen Welle futtern mit Ravioli-Gebiss gutes Programm weg.
Krautreporter, Häppchenmagazine, das ZDF und Miriam Meckel. Unsere Kriegsreporterin verscherzt es sich mit den Quotistas.
Sozialexperimente im Fernsehen: Bei Privatsendern treffen jetzt Nackte aufeinander. Die ARD hingegen setzt auf Ganzkörperansicht.
Bei der „Bravo“ dürfen Volontäre jetzt Dr. Sommer spielen, taz-Leser erkennt man aus 500 Metern gegen den Wind und der „Stern“ … ach, der „Stern“.
Überall ist Ai-Weiwei, Gauck bekommt Standing Ovations beim Grimme-Preis und Liz Mohn wird im eigenen Haus gelobpudelt.