taz.de -- Entsorgung radioaktiver Abfälle: Konrad könnte kippen

Ein großer Teil radioaktiven Abfälle darf im geplanten Endlager Schacht Konrad nicht angenommen werden. Darüber ärgert man sich in Baden-Württemberg – weil es den eigenen Müll betrifft.
Bild: Nicht fertig, teurer und der ganze Müll kann auch nicht rein: Schacht Konrad.

GÖTTIGEN taz | In der Debatte über die Entsorgung radioaktiver Abfälle gerät das geplante Endlager Schacht Konrad in Salzgitter immer mehr in den Blick. Erst kürzlich bestätigte die Bundesregierung, dass der Umbau des ehemaligen Eisenerzbergwerks noch länger dauert und noch teurer wird als bislang bekannt. So sind die geschätzten Kosten von 900 Millionen Euro mittlerweile auf rund drei Milliarden Euro gestiegen, mit einer Inbetriebnahme ist nach Angaben der Baufirma DBE frühestens 2022 zu rechnen.

Über die Verzögerung murren vor allem AKW-Betreiber und Verursacher von Atommüll. Zwischenlager wie das im westfälischen Ahaus sind nämlich nur bis 2020 genehmigt. Die Industrie muss nun Verlängerungen beantragen oder Lagerkapazitäten für den schwach- und mittelradioaktiven Müll schaffen.

Nachdem Anti-Atom-Gruppen schon vor Monaten darauf aufmerksam machten, dass nicht sämtlicher als schwach- und mittelradioaktiv geltender Müll ohne Weiteres nach Salzgitter gebracht werden kann, ist dies auch Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller aufgefallen. An allen Standorten atomarer Anlagen habe sich eine große Menge Abfall angesammelt, „der eigentlich abtransportiert werden soll, für den es aber keinen Ort gibt“, sagt der Grünen-Politiker.

Untersteller hat dabei vor allem die rund 13.000 Atommüllbehälter im ehemaligen Kernforschungszentrums Karlsruhe im Blick, von denen – Stand heute – nur etwa 200 für eine Einlagerung in Konrad zugelassen sind. Das bestätigt Florian Emrich, Sprecher des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Das Forschungszentrum als Verursacher und Besitzer des Abfalls habe die Behälter zementiert und befüllt, ohne die Anforderungen für Konrad zu beachten, sagt Emrich. Dabei seien Anforderungen nicht eingehalten worden, was eine nachträgliche Zertifizierung erschwere. „Dafür ist der Abfallbesitzer verantwortlich.“

In Niedersachsen werden Unterstellers Anmerkungen zumindest indirekt als Vorstoß gewertet, die Einlagerungsbedingungen für Konrad abzusenken. Bei seinem Parteifreund und hiesigem Amtskollegen Stefan Wenzel stößt das auf wenig Begeisterung. Abstriche an den Bedingungen seien nicht zu vertreten, sagt er – gerade auch angesichts der Erfahrungen in der Asse.

Die atomkraftkritische Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad und Robin Wood verweisen zusätzlich auf tausende Tonnen abgereichertes Uran, die in der Urananreicherungsanlage Gronau angefallen sind und noch anfallen. Dafür gebe es bis heute keine Entsorgungspläne. Unklar ist auch, was mit den zu bergenden Abfällen aus der Asse geschehen soll. In den Schacht Konrad können sie schon aus Platzgründen nicht. Die Genehmigung für Konrad gilt bis für 303.000 Kubikmeter Atommüll. Der Asse-Müll allein hat Schätzungen zufolge ein Volumen von bis zu 100.000 Kubikmetern.

Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg fordert, einen „Schlussstrich unter die Projekte der 70er-Jahre“ zu ziehen. Überfällig seien eine Atommülldebatte und das sofortige Ende der Atommüllproduktion. In dieser Situation sei es „völlig falsch“, wenn sich die Endlagerkommission nur um Gorleben streite.

8 May 2014

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Reimar Paul

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