taz.de -- Kommentar PKW-Maut: Die nette Vignette

Die Maut wird ein politischer Erfolg für die CSU. Ihre Kritiker haben keine Chance. Außerdem sind die meisten Argumente dagegen einfach Quatsch.
Bild: Lichtspuren auf der Autobahn, bald überall bezahlt?

Die Pkw-Maut in Deutschland kommt. Trotz aller teilweise auch berechtigten Kritik wird sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) durchsetzen, weil in der Arithmetik der Großen Koalition jedem Partner ein Erfolg zusteht: der CDU die Mütterrente, der SPD der Mindestlohn, der CSU die Maut. Zwar entfaltet die Vignette keine Anreize zum Wenigfahren – ein Drama wäre sie aber nicht.

Das Gegenargument, dass Dobrindts Pläne nicht europarechtskonform seien, ist hingegen Quatsch! Warum soll in Deutschland eine Vignette nicht möglich sein, wenn es sie in EU-Ländern wie Österreich, Tschechien und Slowenien bereits gibt? Und wie Deutschland seine Kfz-Steuer – parallel dazu oder unabhängig davon – ausgestaltet, darf die hiesige Politik selbst entscheiden. Nicht europarechtskonform wäre die Vignette höchstens, wenn Dobrindt ins Gesetz schriebe, sie einführen zu wollen, um EU-Ausländer zu diskriminieren. So blöd wird der Verkehrsminister nicht sein.

Gleichzeitig befriedigt Dobrindt das Gerechtigkeitsgefühl vieler Bürger – so wie die CDU mit der Mütterrente und die SPD mit dem Mindestlohn. Viele Fahrzeughalter in Deutschland fragen sich, warum sie – etwa jetzt im Sommerurlaub – im Ausland Straßenbenutzungsgebühren zahlen sollen, während Autobesitzer aus dem Ausland im größten Transitland Europas umsonst herumfahren dürfen.

Geschickt nimmt Dobrindt auch anderen Gegnern den Wind aus den Segeln: Die angedeutete Beteiligung der Bundesländer an den Einnahmen wird in den Kommunen gut ankommen. Und die Vignettenpflicht für alle Straßen verhindert Ausweichverkehre.

Dass es dennoch so viel Widerstand gegen Dobrindts Vignette gibt, hat zwei Gründe. Die politische Konkurrenz gönnt der CSU keinen Erfolg, und andere – etwa Umweltgruppen und Unternehmen, die ein Geschäft wittern – wollen ein anderes Straßenbenutzungsbezahlsystem installieren: eine streckenbezogene Maut. So (umwelt)gerecht diese sein mag – Vielfahrer zahlen viel, Wenigfahrer werden entlastet –, so unrealistisch ist sie. Mauthäuschen wie in Frankreich lassen sich nicht einfach ins Straßennetz installieren; die totale Überwachung per Kamera oder Satellit wäre teuer, datenschutzrechtlich bedenklich und weithin unpopulär. Denn kaum ein Autofahrer möchte preisgeben, wann er wohin wie schnell gefahren ist.

7 Jul 2014

AUTOREN

Richard Rother

TAGS

Maut
Maut-Vignette
Alexander Dobrindt
CSU
SPD
Pkw-Maut
Streitfrage
Pkw-Maut
Streitfrage
Maut
Maut
Maut-Vignette
Alexander Dobrindt
Verkehrspolitik
Straßenverkehr

ARTIKEL ZUM THEMA

Maut-Debatte bei Schwarz-Rot: „Eintrittsgeld für Ausländer“

CDU-Vize Armin Laschet kritisiert die Mautpläne von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Auch die SPD fordert Nachbesserungen.

Zoff über Pkw-Maut in der CSU: Seehofer hat keine Lust auf „Senf“

Die Pkw-Maut sät auch innerhalb der CSU Unfrieden. Horst Seehofer pfeift unwirsch seinen Verkehrsminister zurück, der Ausnahmen gefordert hatte.

Der sonntaz-Streit: Europafeindliche Maut?

Nun sollen „die Ausländer“ also zahlen, wenn sie die deutschen Autobahnen nutzen. Nicht nur sie finden das unschön.

Deutsche Mautpläne und die Nachbarn: Dänen wollen Arschkarte nicht

Die Deutschen führen eine Maut ein? Dann möchte auch Dänemark ausländische Autofahrer zur Kasse bitten. Die Alternative: eine EU-weite Lösung.

sonntaz-Streit: Ist die Maut antieuropäisch?

Der fahrbare Untersatz ist des Deutschen liebstes Kind. Ein Glück also, dass die geplante PKW-Maut nur ausländische Autofahrer belasten soll?

Reaktionen auf Maut-Vorlage: Angst vor Bürokratiezuwachs

Das Konzept von Verkehrsminister Dobrindt liegt vor. Der DIHK befürchtet Streit mit Nachbarländern. Und die Kommunen hoffen auf eine Einnahmenbeteiligung.

Dobrindt stellt Maut-Pläne vor: 600 Millionen Euro – aber für wen?

Kaum stellt Verkehrsminister Dobrindt erste Details zur neuen Maut vor, wachsen auch schon die Begehrlichkeiten von Ländern und Kommunen.

Kommentar Mautgebühren: Freie Fahrt für zahlende Bürger

Die Maut-Pläne von Verkehrsminister Dobrindt sind geschickt angelegt. Noch besser aber wäre, er würde etwas für Verkehrsvermeidung unternehmen.

Verkehrsminister will Maut einführen: Steuergeschenk als Friedensangebot

Verkehrsminister Dobrindt will die Maut für alle Straßen. Deutsche Autofahrer sollen im Gegenzug bei der Kfz-Steuer entlastet werden.

Verkehr in Deutschland: Das Leiden der Schienen

Deutschland investiert zu wenig in seine Schienennetze – und droht damit in der Wirtschaftskrise stecken zu bleiben. Die Allianz pro Schiene schlägt Alarm.

Abgabe für Autofahrer: Albig ganz allein

Autofahrer sollen selbst für gute Straßen zahlen, fordert der Kieler SPD-Regierungschef Torsten Albig. Dafür wird er aus allen Parteien kritisiert.