taz.de -- Kommentar Nahost-Konflikt: Menschen in Not die Tür versperren

Die Bevölkerung von Gaza ist zwischen Hammer und Amboss gefangen. Ägypten könnte nun helfen, indem es die Grenze für Flüchtlinge öffnet.
Bild: Wo sollen sie hin? Palästinensische Familie flüchtet vor den Bomben.

Die Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist gefangen zwischen Hammer und Amboss. Die Hamas missbraucht sie; sie zahlt den Preis für die unsinnigen Raketenangriffe, die beim übermächtigen Feind doch wenig ausrichten können.

Dies ist ein Krieg gegen die Hamas, sagt andererseits Israels Regierung, nicht gegen das palästinensische Volk. Niemand wolle unschuldige Opfer. Und doch kommt es immer wieder zu Toten und Verletzten – gerade bei denen, die nicht gemeint sind.

Das Argument, man habe den Krieg nie gewollt, das die Regierung Netanjahu mit ihrer sofortigen Zustimmung zum ägyptischen Waffenstillstandsentwurf glaubwürdig unterstrich, verliert mit jedem toten Kind, mit jeder Frau und jedem an den Kämpfen unbeteiligten Mann in Gaza an Kraft. Ohne Zweifel genießt Israel wie jedes andere Land das Recht zur Selbstverteidigung. Aber sind alle Mittel legitim?

Mit Flugblättern und Textmeldungen warnt die Armee die Zivilbevölkerung; Kampfflieger werfen kleinere Raketen ab, um „anzuklopfen“, bevor sie die Häuser bombardieren. All das nützt den Familien wenig, solange mögliche Fluchtwege versperrt sind. Nirgendwo in Gaza gibt es einen sicheren Ort; die Grenze nach Süden wird bislang nur geöffnet, um Schwerstverletzten die Behandlung in Kairo zu ermöglichen.

Die palästinensische Grenzstadt Rafah liegt zur Hälfte im Gazastreifen und zur anderen auf ägyptischer Seite. Es wären Palästinenser, die ihre Landsleute, vielleicht sogar Familienangehörige aufnehmen könnten. Dazu wäre die Unterstützung internationaler Organisationen nötig. Die Zahlen der zu erwartenden Flüchtlinge wäre überschaubar. Nur müsste Ägypten einer Öffnung zustimmen. Wer Menschen in Not die Tür versperrt, trägt mit Schuld an ihrer Tragödie.

22 Jul 2014

AUTOREN

Susanne Knaul

TAGS

Gaza
Israel
Ägypten
Krieg
Flüchtlinge
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Ausstellung
Muslimbrüder
Gaza
Gaza
Israel
Hamas
Israel
Israel
Israel
Israel
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Invasion
Montagsdemos

ARTIKEL ZUM THEMA

Ausstellung zu Nazivergangenheit: Wand mit zahllosen Fliegen

Zwei Künstler thematisieren in einer Ausstellung in Tel Aviv die Nazivergangenheit und ihr Familienerbe. Der eine ist Israeli, der andere Österreicher.

Schlagloch Israel und Ägypten: Sisis Schulhofpolitik

Präsident Sisi macht Ägypten zum Handlanger Israels, für dessen Massaker in Gaza es keinerlei Rechtfertigung gibt. Letztlich profitiert der Westen.

Kriegsstimmung in Israel: „Heuchelei der Linken“

Das winzige Friedenslager Israels schrumpft. Die Debatte wird aggressiver. Wer Mitgefühl für die Opfer in Gaza zeigt, muss mit Drohungen rechnen.

Gaza-Konflikt: Israels Kriegsgegner

Nicht nur Israels arabische Bürger protestieren gegen die Militäroperation im Gazastreifen. Immer mehr jüdische Israelis fordern ein Ende des Krieges.

Resolutionsentwurf für Frieden in Nahost: Gazakrieg nach New York?

In einem Resolutionsentwurf für den Sicherheitsrat fordert Jordanien einen Waffenstillstand – und ist besorgt über die hohe Opferzahl, besonders unter Kindern.

Die Türkei und die Hamas: Der letzte Freund der Islamisten

Für die radikalislamische Hamas gibt es seit dem Putsch in Ägypten wenig Unterstützung, außer aus der Türkei. Waffen kann die aber nicht liefern.

Israels Botschafter über Antisemitismus: Reaktionen auf Gazakrieg „wie 1938“

Der israelische Botschafter zeigt sich entsetzt über die Proteste gegen Israels Angriffe auf Gaza. In die deutsche Debatte werde eine „Kultur des Hasses“ importiert.

Verhandlungen über Feuerpause in Nahost: Heftpflaster für eine Sturzblutung

Die Zahl der Toten in Israel und im Gazastreifen steigt. US-Außenminister John Kerry und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bemühen sich um eine Waffenruhe.

Krieg im Gazastreifen: Ein verlustreicher Häuserkampf

Israels Streitkräfte rücken immer weiter in den dicht besiedelten Gazastreifen vor. Für Zivilisten ist es grausam. Flucht ist kaum möglich.

Pro-Palästina-Kundgebungen: Nahost-Konflikt kommt näher

Gegen den Krieg? Oder gegen die Juden? Teilnehmer propalästinensischer Demonstrationen sorgen mit zweifelhaften Parolen für Diskussionen.

Gaza-Israel-Konflikt: Hamas bricht humanitäre Feuerpause

Israel weitet seine Bodenoffensive aus. Am Sonntag sterben über 60 Palästinenser und 13 israelische Soldaten. Präsident Abbas ordnet Staatstrauer an.

Kommentar Invasion in Gazastreifen: Operation mit begrenztem Sinn

Der Einmarsch der israelischen Armee in Gaza ist nur sinnvoll, wenn parallel auch politische Lösungen vorangetrieben werden.

Montagsdemo am Samstag: Gegen Israel und die Medien

Die Montagsdemonstrationen für den Frieden bleiben sich treu: Dem Publikum werden Verschwörungstheorien und Medienschelte dargeboten.