taz.de -- Vorläufiges Wahlergebnis: Erdogan ist türkischer Präsident

Der Ministerpräsident kann nach Auszählung von mehr als drei Vierteln der Stimmen mit einer absoluten Mehrheit rechnen. Damit würde ein zweiter Wahlgang entfallen.
Bild: Schon auf dem Weg zum Wahllokal wird Erdogan von seinen Anhängern begeistert gefeiert.

ISTANBUL dpa | Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hat die historische Präsidentenwahl in der Türkei nach Teilergebnissen bereits im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gewonnen. Nach Auszählung von mehr als drei Vierteln der Stimmen kam der Vorsitzende der islamisch-konservativen AKP auf über 52 Prozent, wie der Sender CNN Türk am Sonntagabend berichtete. Sollte der Trend anhalten, müsste Erdogan nicht in die Stichwahl. Es war das erste Mal, dass die Türken ihr Staatsoberhaupt direkt wählen konnten.

Der Gemeinschaftskandidat der beiden größten Oppositionsparteien CHP und MHP, Ekmeleddin Ihsanoglu, lag bei diesem Auszählungsstand bei mehr als 38 Prozent. Der Kandidat der pro-kurdischen HDP, der Kurde Selahattin Demirtas, erzielte demnach rund 9 Prozent. Die Wahlbeteiligung gab CNN Türk mit 76,9 Prozent an.

Erdogan (60) regiert seit 2003 und hätte nach den AKP-Statuten nicht ein viertes Mal Ministerpräsident werden dürfen. Kritiker befürchten, dass er als Präsident seine Macht weiter ausbauen und die Islamisierung der Türkei vorantreiben könnte. Mit einem Wahlsieg Erdogans dürften die Weichen für die Einführung eines Präsidialsystems gestellt und das Amt mit noch mehr Macht ausgestattet werden.

Als eines seiner zentralen Ziele hat Erdogan eine neue Verfassung angekündigt. Er hat zudem deutlich gemacht, dass er als Präsident die Kompetenzen der derzeitigen Verfassung voll ausnutzen möchte. Die Amtszeit des neuen Präsidenten beginnt am 28. August.

Der scheidende Präsident Abdullah Gül, der wie Erdogan zu den Gründern der Regierungspartei AKP zählt, hatte sich auf eine zeremonielle Rolle beschränkt. Schon jetzt gibt die Verfassung dem Präsidenten allerdings erhebliche Macht. So sind beispielsweise seine Entscheidungen juristisch nicht anfechtbar.

Kritik am Wahlkampf

Die Opposition hat Erdogan vorgeworfen, staatliche Ressourcen im Wahlkampf zu nutzen. In die Kritik war auch der Staatssender TRT geraten, der Erdogan viel mehr Sendezeit einräumte als seinen beiden Kontrahenten. Gegenkandidat Ihsanoglu (70) kritisierte am Sonntag: „Der Wahlkampf wurde unter ungerechten und ungleichen Voraussetzungen geführt.“

Bei der Stimmabgabe sprach Erdogan von einer wichtigen Entscheidung für die türkische Demokratie. Im Wahlkampf hatte er seinen Anhängern eine „neue Türkei“ versprochen.

In der Türkei waren rund 53 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen. Erstmals hatten zusätzlich auch die 2,8 Millionen wahlberechtigte Auslandstürken die Möglichkeit, außerhalb der Türkei zu wählen. Davon machten aber nur 8,3 Prozent Gebrauch.

Wird er offiziell zum Wahlsieger erklärt, muss er den AKP-Vorsitz abgeben. Basis für die erste Direktwahl des Präsidenten durch das Volk war ein Verfassungsreferendum aus dem Jahre 2007. Zuvor wurde das Staatsoberhaupt vom Parlament bestimmt.

10 Aug 2014

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