taz.de -- Erdogan und Social Media: Der doppelte Präsident

Recep Tayyip Erdogan gibt seinen neuen Posten schon mal auf Twitter bekannt. Als „Cumhurbakan“ ist er dort allerdings nicht allein.
Bild: Zwütscher, zwütscher.

Die Türkei hat derzeit zwei Präsidenten. Zumindest auf Twitter. Unmittelbar nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse am 10. August änderte Recep Tayyip Erdogan seine Profilangaben von Basbakan zu Cumhurbakan. Er wurde vom Ministerpräsidenten zum Präsident und bedankte sich bei der „geliebten Nation“ für die Wahl. Soweit alles klar.

Offiziell aber besetzt Abdullah Gül noch bis zum 28. August diesen Posten. Er hat seine Informationen auf Twitter nicht so schnell geändert wie Erdogan. Gül trägt den Titel, Cumhurbakan, nicht nur in den biographischen Informationen, sondern in seinem Twitter-Namen selbst: [1][//twitter.com/cbabdullahgul:@cbabdullahgul].

Erdogan, der Twitter im März dieses Jahres noch sperren wollte, nachdem sich Korruptionsvorwürfe über den Kurznachrichtendienst gegen ihn verbreitet hatten, nutzte Twitter aktiv für seinen Wahlkampf – allerdings nicht, ohne kritische Stimmen zu verbieten. Was Erdogan darf, dürfen andere noch lange nicht.

Der anonyme Account @fuatavni wurde nur wenige Tage vor der Wahl blockiert. Dort wurden zuletzt Details zur Festnahme mehrerer Polizisten bekannt, die etwas mit den Korruptionsvorwürfen zu tun hatten. Knapp eine Million Menschen folgten dem Account.

Gül will zurück in die AKP

Twitter steht nicht nur für den Konflikt mit der Opposition, sondern auch für den zwischen den beiden Präsidenten der Türkei.

Seitdem sich Gül gegen die Sperrung von Twitter und für das Aufklären der Korruptionsvorwürfe einsetzte, ist das Verhältnis der beiden AKP-Politiker angespannt. Gül kündigte nun an, sich nach seiner Präsidentschaft nicht aus der Politik zurückziehen zu wollen. Will er Parteichef werden?

Eine Aussicht, die Erdogan missfallen dürfte. Auf Twitter macht er sich also vorsorglich schon mal auf Güls Terrain breit – damit dieser gleich weiß, wie viel Platz ihm in der Partei noch bleibt. Nämlich keiner.

Erdogan nutzt also einerseits sehr wohl die Schnelligkeit von Social Media und geht andererseits weiterhin gegen Kritiker vor, die ebenfalls davon profitieren wollen. Früher fand der Präsidentenwechsel im Parlament statt. Damals, als der Eid auf die Verfassung noch von Bedeutung war.

13 Aug 2014

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Viktoria Morasch

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