taz.de -- Kommentar US-Luftangriffe auf IS: Es gab eine Chance für UN-Mandat

Die USA haben sich nicht einmal bemüht, ein UN-Mandat zu erhalten. Russland kritisiert den Militäreinsatz, ist aber nicht glaubwürdig.
Bild: US-Kampfflugzeug F-22: Erst zum Einsatz, die UN-Sitzung ist später

Russland hat die Luftangriffe der USA gegen die Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien als Verstoß gegen das Völkerrecht kritisiert. Das ist berechtigt. Denn für einen solchen Militäreinsatz wäre laut UN-Charta entweder die Zustimmung der syrischen Regierung oder ein Mandat des UN-Sicherheitsrats notwendig. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.

Um ein Mandat des Sicherheitsrats hat sich die Obama-Regierung erst gar nicht bemüht. Und das mit der (falschen) Begründung, mit der Ratsresolution 1263 vom September 2001, die von Washington seinerzeit als Ermächtigung für den Afghanistankrieg missbraucht wurde, sei auch eine ausreichende völkerrechtliche Grundlage für die Luftschläge gegen den IS gegeben.

Allerdings ist die Regierung Putin nach der ebenfalls völkerrechtswidrig durchgesetzten Annexion der Krim und ihrer hybriden Kriegsführung in der Ostukraine kein glaubwürdiger Kritiker der Völkerrechtsverstöße anderer Staaten.

Moskaus Vorgehen im Ukrainekonflikt wird in Teilen der Öffentlichkeit und auch der Friedensbewegung wiederum relativiert, verharmlost oder gar gänzlich geleugnet unter Verweis auf die Völkerrechtsverstöße der USA und der Nato im Kosovokrieg 1999, in Afghanistan und im Irakkrieg von 2003.

Die zunehmenden Verstöße gegen das Gewaltverbot der UN-Charta seit Ende des Kalten Kriegs vor 25 Jahren führen zu einer gefährlichen Deregulierung des Völkerrechts und schwächen seine politische Bindungskraft.

Dabei hätte im aktuellen Fall durchaus die Chance auf ein gemeinsames Vorgehen der USA, Russlands und der anderen drei Vetomächte des Sicherheitsrats bestanden.

Denn sollten sich die Milizen des IS dauerhaft im Nahen Osten festsetzen, würden sie auch zur Bedrohung für Russland in Tschetschenien und anderen Regionen des Kaukasus sowie für China in den nordwestlichen Provinzen, deren Einwohner, die muslimischen Uiguren, von Peking heute bereits als „Terroristen“ gebrandmarkt und bekämpft werden.

Doch nachdem die Obama-Regierung es nicht einmal für nötig hielt, vor ihren Luftschlägen wenigsten die für den heutigen Mittwoch angesetzte Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zum Thema Islamischer Staat abzuwarten, ist ein Konsensbeschluss auf dieser Sitzung kaum mehr zu erwarten.

23 Sep 2014

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Andreas Zumach

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