taz.de -- US-Luftangriffe aus Völkerrechtssicht: Stillschweigende Billigung genügt
Die USA greifen die IS-Milizen auf syrischem Staatsgebiet an, ohne Aufforderung oder UN-Mandat. Ist das mit dem Völkerrecht vereinbar?
FREIBURG taz | Auf den ersten Blick verstoßen die Luftangriffe der USA gegen das Völkerrecht. Syrien hat weder ausdrücklich zugestimmt, noch gibt es ein Mandat des UN-Sicherheitsrats. Wenn Syrien jedoch die Angriffe stillschweigend billigt, liegt kein Verstoß vor.
Die UN-Charta von 1945 verbietet grundsätzlich jede militärische Gewalt gegen einen anderen Staat. Der Angriff richtete sich zwar nicht gegen das syrische Regime von Baschar al-Assad, sondern gegen die Guerilla des Islamischen Staats (IS). Da der Angriff jedoch auf syrischem Gebiet stattfand, liegt ein Eingriff in die syrische Souveränität vor. Der IS ist trotz seines Namens bisher jedenfalls kein eigenständiger Staat.
Eine ausdrückliche syrische Aufforderung zum militärischen Eingreifen liegt nicht vor – anders als im Irak, wo die USA ebenfalls IS-Stellungen bombardieren. Nicht ausreichend ist auch die vorherige Information der USA gegenüber Syrien. Es geht nicht darum, ob Syrien von den Luftschlägen wusste, sondern ob es sie billigte. Die Billigung muss nicht öffentlich erfolgen. In Pakistan ist es üblich, dass die dortige Regierung US-Drohnenangriffe auf Dschihadisten öffentlich missbilligt, ihnen vertraulich jedoch zustimmt.
Da die USA mit Syrien nicht zusammenarbeiten wollen, gibt es möglicherweise nicht einmal eine geheime Zustimmung. Allerdings dürfte auch eine stillschweigende Billigung der US-Luftschläge genügen. Hierzu passen auch [1][allgemeine Aussagen der syrischen Regierung] zur Unterstützung von Aktionen gegen den Terrorismus.
Möglicherweise berufen sich die USA aber lieber auf ein angebliches Recht auf humanitäre Interventionen. Solche Interventionen – ohne Zustimmung des betroffene Staates und ohne UN-Mandat – sind bisher aber nirgends geregelt und nicht allgemein anerkannt.
24 Sep 2014
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Viele zivile Opfer von US-Angriffen mit Drohnen werden in Afghanistan posthum einfach zu Extremisten erklärt. Und präzise sind die Angriffe auch nicht.
An einem pakistanisch-indischen Grenzübergang reißt ein Attentäter Dutzende Menschen in den Tod. Taliban bekennen sich zu dem Anschlag.
Die Strategie der Luftschläge bleibt zweifelhaft. Sie werden die Verhältnisse nicht grundlegend ändern und stützen sich auf zweifelhafte Verbündete.
Mit Verzögerung sind die ersten Waffen und Ausbilder bei den Kurden im Irak eingetroffen. London will sich an Luftschlägen beteiligen, die USA bombardieren weiter.
Die Uno wird zu einem harten Vorgehen gegen Terroristen verpflichtet. Doch es gibt Zweifel am Erfolg der auf Sicherheit setzenden Strategie.
Die USA und ihre Verbündeten haben syrische Ölraffinerien bombardiert. In New York trafen sich der britische Premier Cameron und Irans Präsident Ruhani.
Für eine Zusammenarbeit gegen die IS-Miliz erwartet Hassan Ruhani Zugeständnisse. Die US-Luftangriffe im verbündeten Syrien kritisierte er verhalten.
In der Nacht zu Mittwoch hat das US-Militär erneut Stellungen der Terrormiliz in Syrien bombardiert. Der Irak hatte die USA um Hilfe gebeten.
Die USA haben sich nicht einmal bemüht, ein UN-Mandat zu erhalten. Russland kritisiert den Militäreinsatz, ist aber nicht glaubwürdig.
Mehrere arabische Staaten unterstützen die Angriffe. Die syrische Regierung wurde vorab informiert, aber nicht um Erlaubnis gebeten, wie die USA betonen.
Gemeinsam mit arabischen Verbündeten greifen die USA Stellungen der Dschihadisten in Syrien an. Damaskus wurde über den Einsatz vorab informiert.
Assad hat den Dschihadisten in Syrien den Boden bereitet. Nun bietet er den USA seine Hilfe an. Wie lässt sich der IS bekämpfen, ohne Assad zu stärken?