taz.de -- Frauen in Führungspositionen: Aufsichtsräte hui, Vorstände pfui

Erstmals seit 2011 sinkt der Anteil von Frauen in Vorständen von börsennotierten Unternehmen. Aufsichtsräte sind immerhin zu 19 Prozent weiblich.
Bild: Laut FidAR gibt es noch reichlich Potenzial für Frauen in Führungspositionen.

BERLIN afp | Der Frauenanteil in Aufsichtsräten und Chefetagen börsennotierter Unternehmen in Deutschland tritt auf der Stelle. Die Zahl weiblicher Vorstände sei erstmals seit 2011 rückläufig, teilte der Verein „Frauen in die Aufsichtsräte“ (FidAR) am Donnerstag unter Verweis auf seinen neuen [1][„Women-on-Board-Index“] mit. Nachdem der Anteil weiblicher Vorstände im vergangenen Jahr noch deutlich über sechs Prozent betragen habe, liege er nun bei 5,8 Prozent.

Merklich erhöht habe sich der Anteil der Frauen in Aufsichtsräten, teilte der Verein mit. Er lag Ende September bei 18,9 Prozent, wobei sich der Frauenanteil auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite die Waage hielt. Anfang 2011 hatte die Quote hier noch zehn Prozent betragen.

Zusammengerechnet liegt der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen dem Index zufolge bei 12,4 Prozent. Mit einem Plus von 5,9 Prozentpunkten in knapp drei Jahren sei dies nur eine geringe Verbesserung, es gebe noch „reichlich Potenzial für Veränderungen“, forderte FidAR.

Viel gravierender aber sei, dass die Zahl der Unternehmen, die konkrete Planzahlen für den angestrebten Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand und Führungspositionen veröffentlichen, „signifikant“ zurückgehe. Anfang dieses Jahres habe noch die Hälfte aller Unternehmen ein klares Ziel für den Frauenanteil in seinen Aufsichtsräten ausgegeben, inzwischen seien es nur noch 44 Prozent. Mit Blick auf den Vorstand gebe es nur bei einem Prozent der Unternehmen Vorgaben – nach sieben Prozent zum Jahresbeginn.

Neuer Schwung durch Gesetze

„Es ist Zeit, dass eine gesetzliche Vorgabe für neuen Schwung sorgt“, erklärte FidAR-Präsidentin Monika Schulz-Strelow in Berlin und forderte von der Bundesregierung „konkrete rechtliche Vorgaben, mehr Frauen in Führungspositionen zu berufen“.

Die Bundesregierung plant eine Frauenquote per Gesetz, da die Unternehmen mit der Frauenförderung nicht vorankommen. Der seit Juni vorliegende Referentenentwurf sieht ab 2016 eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für Aufsichtsräte von Unternehmen vor, die börsennotiert und voll mitbestimmungspflichtig sind. Bei Nichterreichen der Quote sollen die vorgesehenen Stühle frei bleiben.

9 Oct 2014

LINKS

[1] http://www.fidar.de/wob-index/uebersicht.html

TAGS

Frauenquote
Wirtschaft
Aufsichtsrat
Vorstände
Frauen
Lesestück Meinung und Analyse
Frauenquote
Frauenquote
Journalist
SPD
Gleichstellung
Frauenquote
Manuela Schwesig
Frauen in Führungspositionen

ARTIKEL ZUM THEMA

App „JustNotSorry“: Schluss mit der Unschuld

Eine App soll Frauen abgewöhnen, sich im Berufsalltag ständig zu entschuldigen. Unsere Autorin hat ihr eigenes Postfach analysiert.

Frauen in Führungspositionen: Zielquote Null

Viele Unternehmen halten eine Quote für sinnlos. Doch wer sie hat, ist glücklich. Das geht aus einem Stimmungsbarometer hervor.

Frauenquote in der Schweiz: Mehr Weiblichkeit an der Spitze

Die Berner Regierung will eine Frauenquote von 30 Prozent gesetzlich festlegen. Das stößt bei mehreren Parteien auf Ablehnung.

Medientage in München: Mehr Frauen, jetzt!

Aller Kritik zum Trotz: Auf den Münchner Medientagen dominieren mal wieder die Männer. Das soll im nächsten Jahr anders werden.

Verstimmung in der Großen Koalition: Frauenquote als Verhandlungsmasse

Schon 2015 soll die Frauenquote in kleineren Betrieben gelten. So steht es im Koalitionsvertrag. Doch nun stellt die Union Bedingungen.

Aufruf Frauenquote Kultur: Preisgekrönt und chancenlos

Mehr als 170 Regisseurinnen wehren sich gegen die gängige Geldvergabe und fordern eine Frauenquote für Kino- und Fernsehfilme.

Schwesig ändert Gesetzentwurf: Frauenquote wird abgeschwächt

Familienministerin Schwesig beugt sich dem Druck der Wirtschaft: Die Frauenquote im Vorstand soll nun doch nicht für jedes Unternehmen gelten.

Umstrittenes Gleichstellungsgesetz: Alle gegen die Quote

Gegen das Frauenquotengesetz von Ministerin Schwesig gibt es Widerstand. Der Union geht es viel zu weit. Und auch andere finden es nicht gut.

Forscherin über Frauen und Macht: „Man muss siegen wollen“

Dass weibliche Politikerinnen weniger Erfolg haben als Männer, sei ein Mythos. Das behauptet zumindest die Forscherin Jennifer Lawless.