taz.de -- Kommentar Bio-Legehennen: Bio muss noch besser werden
Die Missstände in der Tierhaltung zeigen, dass die Landwirtschaft wieder kleinteiliger werden muss. Auch in der Bio-Branche.
Der Missstand, dass die Eltern von Biolegehennen nie auf die Weide kommen, zeigt: Die Landwirtschaft muss wieder kleinteiliger werden – auch die Ökobranche.
Denn es liegt unter anderem an der Größe der Betriebe, dass die Hühner, anders als in der Ökoverordnung eigentlich vorgeschrieben, nicht herausgelassen werden. Derzeit leben in Deutschland zum Beispiel im Schnitt 5.000 Elterntiere in einem Gebäude; in der Schweiz sind es nur 2.000.
Wenn hierzulande ein Krankheitserreger ausbricht, sind auf einen Schlag also mehr Tiere betroffen. Wenn deren Bruteier und Küken an Betriebe in ganz Deutschland geliefert werden, sind auch dort Zehntausende Tiere gefährdet. Und von einem Tag auf den anderen könnte ein Großteil der Bioeierproduktion ausfallen.
Das sind gute Argumente gegen die Gigantomanie, unter der in der Biobranche besonders die Geflügelwirtschaft leidet. Leider ist es auch hier keine Seltenheit, dass 24.000 Hühner unter einem Dach gehalten werden.
Ermöglicht hat das die bisherige Ökoverordnung, die zwar maximal 3.000 Legehennen pro Stall vorschreibt, aber nicht definiert, was ein Stall ist. Deshalb bringen Agrarindustrielle einfach mehrere „Ställe“ in einem Gebäude unter. Die Europäische Union muss diesen Skandal endlich stoppen – zum Beispiel in der gerade laufenden Reform des Biorechts.
Übrigens: Wer nun denkt, er könnte statt Bioeiern einfach konventionelle kaufen, liegt falsch: Den meisten konventionellen Hühnern geht es trotz aller Kritik an der Ökohaltung durchweg noch schlechter. Das beginnt damit, dass ihnen die Schnäbel gekürzt werden, und hört damit auf, dass jedes Huhn weniger Platz in noch viel größeren Massenställen hat.
Bio bleibt also immer noch die bessere Entscheidung – aber es muss noch besser werden.
4 Nov 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ein Gericht hat das Verbot der Massentötung männlicher Junghühner in Nordrhein-Westfalen aufgehoben. Das Land will nun in Berufung gehen.
Die NRW-Landesregierung darf die Massentötung männlicher Küken nicht per Erlass verbieten. Das hat das Verwaltungsgericht in Minden entscheiden.
In Brandenburg breitet sich die Massentierhaltung aus. Die Zahl der Tiere nimmt zu, Ställe werden üppig gefördert. Doch es regt sich Protest.
Tausende Tonnen Ware aus Rumänien waren gar keine Bioprodukte. Das ändert nichts daran, dass Schwindel in der Biobranche die Ausnahme ist.
Bündnis 90/Die Grünen liegen richtig: Der radikale Umbau der Landwirtschaft ist aus Umweltsicht dringend notwendig.
Die Tierzahl in Ställen soll stärker begrenzt werden, verlangt EU-Parlamentarier Martin Häusling. Die derzeitigen Regeln seien zu flexibel.
Deutschlands größter Erzeuger von Öko-Bruteiern will nun wohl doch Elterntiere auf die Wiese lassen. Aber nicht alle.
Ohne Dach geht’s nicht, sagt Peter Röhrig vom Bioverband. Wenn Elterntiere von Ökolegehennen unter freiem Himmel herumlaufen, sei das Infektionsrisiko zu hoch.
Die meisten Eltern von Öko-Legehennen kriegen keinen Auslauf im Grünen. Viele männliche Küken werden getötet. Die Behörden drücken beide Augen zu.
Beim „Wir haben es satt“-Kongress werden tiefe Gräben in der alternativen Agrarbewegung deutlich. Es geht um die Frage: Dürfen Landwirte Tiere halten?
Sie haben es satt: Am Sonntag wird gegen Agrarfabriken und für eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft in Berlin und Brandenburg demonstriert.
In den Ställen der Massentierhalter werden Antibiotika tonnenweise verfüttert. Ärzte warnen nun, dass viele Keime gegen sie resistent sind.
Mastbetriebe in Nordrhein-Westfalen erhalten jährlich Millionen für verendete Tiere. Die Landesregierung will die verdeckten Subventionen nun reduzieren.