taz.de -- Subventionen für Massentierhaltung: Teurer Tod

Mastbetriebe in Nordrhein-Westfalen erhalten jährlich Millionen für verendete Tiere. Die Landesregierung will die verdeckten Subventionen nun reduzieren.
Bild: Die Kommunen in NRW wollen ihren Kostenanteil bei der Entsorgung von Tierkadavern reduzieren.

KÖLN taz | In Nordrhein-Westfalen sollen Betreiber von Mastanlagen künftig mehr für die Entsorgung verendeter Tiere zahlen. Das sieht ein Gesetzentwurf von Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Grüne) vor, den das rot-grüne Kabinett in Düsseldorf verabschiedet hat. Demnach müssen Betreiber stärker beteiligt werden, wenn Tiere – etwa durch Krankheiten oder Stress – verenden und abtransportiert und entsorgt werden müssen. Bislang subventionieren Kommunen in NRW die Entsorgung verendeter Nutztiere jährlich mit rund 11 Millionen Euro.

In der Schweinemast sterben Experten zufolge etwa 3 Prozent der Ferkel an Krankheiten oder Stress. Bei einem Maststall mit 40.000 Hähnchen entstehen damit im Schnitt jährliche Entsorgungskosten von 3.000 Euro bis 3.500 Euro. Die öffentliche Hand hatte sich ursprünglich an der Finanzierung beteiligt, um die Seuchengefahr zu bannen.

Die Kostenübernahme ist von Land zu Land unterschiedlich. In NRW zahlen Landwirte etwa für das Abtransportieren der Kadaver gar nichts, an den Entsorgungskosten müssen sie sich zu 25 Prozent beteiligen. „Insgesamt tragen die Landwirte 10 Prozent der Kosten und die Kommunen 90 Prozent“, sagt Norwich Rüße, landwirtschaftlicher Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion und Biobauer.

Im Gegensatz etwa zu Mecklenburg-Vorpommern: Dort tragen die Landwirte die Entsorgungskosten alleine. Das will Rot-Grün nicht. „Wir wollen nicht, dass Landwirte die Kadaver verscharren“, sagt Rüße. Künftig sollen Bauern auch für den Transport verendeter Tiere zahlen. Bei Beseitigungskosten bis 640 Euro jährlich beteiligen sich die Kommunen mit 75 Prozent. Was über diesem Betrag liegt, müssen die Viehhalter selbst tragen. Nach Havarien wie einem Brand oder dem Versagen von Belüftungsanlagen zahlen die Kommunen gar nichts mehr.

Immer wieder Unfälle

„Landwirte tun zu wenig für den Brandschutz und die Sicherung der Belüftungsanlagen“, kritisiert Rüße. Immer wieder komme es deshalb zu Unfällen, bei denen Tausende von Tieren qualvoll verenden. Bauern sollen die Entsorgung der Kadaver nicht auch noch quasi zum Nulltarif bekommen, betont er. Insgesamt sollen Kommunen durch die Neuregelung 4 bis 5 Millionen Euro sparen.

Die Verbände der Bauern sind nicht begeistert von Remmels Vorstoß. „Wir werden den Gesetzentwurf prüfen und später zu Details Stellung nehmen“, sagt Hans-Heinrich Berghorn vom westfälisch-lippischen Landwirtschaftsverband. Grundsätzlich sehe er den Staat in der Pflicht, die Landwirte zu unterstützen.

Rüße sieht in der Neuregelung einen Beitrag gegen die Subventionierung der Massentierhaltung. Für die kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe schaffe das Gesetz mehr Gerechtigkeit. „Bei verdeckten Subventionen wie bei der Tierkörperbeseitigung haben große Betriebe bis jetzt überproportional stark profitiert, wodurch der landwirtschaftliche Strukturwandel zusätzlich angeheizt worden ist“, sagt er.

20 May 2014

AUTOREN

Anja Krüger

TAGS

Tierhaltung
Mastbetriebe
Entsorgung
Nordrhein-Westfalen
Tierquälerei
Landwirtschaft
Massentierhaltung
Niedersachsen
Tierschutz
Mastbetriebe
Landwirtschaft
EU
EU
Landwirtschaft

ARTIKEL ZUM THEMA

Tierquälerei in der Schweinemast: Fressen und gefressen werden

In einem Betrieb verhungerten und verdursteten Tiere, verletzte wurden von ihren Artgenossen gefressen. Die vollautomatische Anlage wurde nicht genug überwacht.

Kommentar Bio-Legehennen: Bio muss noch besser werden

Die Missstände in der Tierhaltung zeigen, dass die Landwirtschaft wieder kleinteiliger werden muss. Auch in der Bio-Branche.

Ferkelquälerei in Deutschland: Sauerei zieht Ermittlungen nach sich

Auf die Vorwürfe der illegalen Ferkeltötung gegen den größten Sauenhalter Straathof und andere Branchengrößen folgen nun Strafanzeigen.

Misshandlung in Schweine-Massenzucht: Niedersachsen will Sauerei verbieten

Tierschützer dokumentierten das brutale Töten von Ferkeln. Niedersachsens Landwirtschaftsminister reagiert jetzt und will die Tötung von jungen Schweinen verbieten.

Geplante Schweinemast in Brandenburg: Protest gegen den „Mega-Stall“

In Haßleben sollen 36.000 Tiere gemästet werden. Es drohe ein „Gülle-Tsunami“, fürchten Umweltschützer. Am Sonntag fand vor Ort eine Demo statt.

Protest gegen Mastanlage in Haßleben: Eine riesige Schweinerei

In der Uckermark könnte eine stillgelegte Schweinemastanlage aus DDR-Zeiten wieder in Betrieb gehen. 36.000 Tiere sollen dort gehalten werden.

Konventionelle Landwirtschaft: Biobauer lohnt sich nicht

Alle wollen öko – nur die Landwirte nicht. Denn mit konventionellen Methoden verdienen sie neuerdings mehr. Die Bioprodukte liefert das Ausland.

Streit um EU-Agrarzuschüsse: Mehr Kohle für Kleinbauern

Die Agrarminister der Länder haben sich auf die Verteilung der EU-Landwirtschaftssubventionen geeinigt. Großbetriebe kassieren demnach bald weniger.

Kompromiss zur EU-Agrarreform steht: Sieg für Großbauern

Anders als vom Parlament gewünscht, bekommen riesige Betriebe künftig nicht weniger Subventionen. Immerhin soll es einen Aufschlag für kleine Höfe geben.

Der Geruch der Agrarindustrie: Gülle Gülle Niedersachsen

Niedersachsen ist das Schlachthaus der Nation und setzt voll auf industrielle Tierhaltung. Doch der Grüne Christian Meyer plant die Landwirtschaftswende.