taz.de -- Kommentar Kohlestreit in der SPD: Gabriels Scheingefecht

Sigmar Gabriel erklärt, dass Deutschland nicht gleichzeitig aus der Atomkraft und der Kohle aussteigen könne. Doch diese Forderung erhebt gar keiner.
Bild: Kohleabbau bei Spremberg in Brandenburg: Langfristig ist auch hier der Ausstieg aus Kohle angesagt

Im letzten Jahr war der traditionelle Konflikt zwischen den Bundesministerien für Wirtschaft und für Umwelt etwas in den Hintergrund getreten. Schließlich werden beide Häuser erstmals seit Langem von der gleichen Partei geleitet, nämlich der SPD. Und im Koalitionsvertrag waren viele potenzielle Streitfragen bereits geklärt worden.

Nun scheint es wieder loszugehen: Umweltministerin Barbara Hendricks fordert die Abschaltung einiger Kohlekraftwerke, um das deutsche Klimaziel bis zum Jahr 2020 noch zu schaffen. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hält lautstark dagegen.

Doch bei dem Streit handelt es sich im Wesentlichen um ein Scheingefecht. Wenn Gabriel erklärt, Deutschland könne nicht gleichzeitig aus der Atomkraft und aus der Kohle aussteigen, dann kämpft er gegen eine Forderung, die gar niemand erhebt. Ein sofortiger kompletter Ausstieg aus der Kohle wäre tatsächlich nicht zu schaffen. Langfristig hingegen führt an einer Energieversorgung ohne Kohle kein Weg vorbei. Und dafür müssen jetzt die ersten Schritte eingeleitet werden. Genau das fordert Hendricks.

Für die Energieversorgung ist ein Verzicht auf die ältesten Kohlemeiler kein Problem, für das Erreichen der Klimaziele ist er unabdinglich. Das weiß auch Gabriel. Schließlich war er es selbst, der einst als Umweltminister das deutsche 40-Prozent-Ziel durchgesetzt hat. Und die Große Koalition hat dieses Ziel noch vor einem Jahr im Koalitionsvertrag bekräftigt.

Insofern gibt es berechtigte Hoffnungen, dass der Wirtschaftsminister derzeit nur eine Show aufführt, um der Kohleindustrie zu beweisen, dass er ihre Interessen nicht ignoriert. Die Öffentlichkeit ist von Gabriel zwar so manche Volte gewohnt, doch wenn er das deutsche Klimaziel tatsächlich aufgeben würde, wäre seine Glaubwürdigkeit endgültig dahin.

11 Nov 2014

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Malte Kreutzfeldt

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