taz.de -- Dinge, vor denen sich Dresdner fürchten: Oh Goddogodd!
Die Dresdner haben panische Angst vor der Islamisierung ihrer Stadt. Doch damit nicht genug. Ihnen droht noch viel mehr Ungemach.
In Dresden geht die Angst um. Die Sorge vor der drohenden Islamisierung [1][bewegt die ganze Stadt]. Immerhin beträgt der Anteil der Muslime schon 0,4 Prozent – und gefühlt werden es immer mehr. Befürchtet wird, dass sich die Muselmanen die [2][im Stile einer Moschee gebaute Zigarettenfabrik Yenidze] unter den Nagel reißen werden und die Stadt in ihr neues Mekka verwandeln. Doch das ist nicht ihre einzige Furcht dieser ganz besorgten Bürger.
Die Dresdner haben Angst, dass...
… aus dem grünen Gewölbe ein rot-rot-grünes Kabinett wird
Eine der reichsten Schatzkammern Europas, der Stolz des ganzen sächsischen Kulturvolkes, in einer Farbe, die gar nicht geht. Doch es könnte noch schlimmer kommen. Ein Blick zum [3][benachbarten Bergvolk im Westen] verdeutlicht die Gefahr. Das Abendland wird auch vom Kommunismus bedroht. Wer weiß schon, was [4][Hans Modrow] schon wieder ausheckt.
… Bomber Harris keine Rosinen mehr abwirft
Seit nunmehr 70 Jahren ist es gute Tradition, dass alljährlich in der Vorweihnachtszeit die britische Luftwaffe um ihren Offizier Harris feinste englische Rosinen über der Stadt abwirft. Diesem Akt der Völkerfreundschaft folgt die Verwandlung der ganzen Stadt in einen großen Stollen. Hierauf beruht der ganze Ruhm der Weltmetropole Dresden.
… der Mitteldeutsche Rundfunk in Ostdeutscher Rundfunk umbenannt wird
Als Ostdeutscher will sich in Dresden niemand bezeichnen lassen. Denn Ostdeutschland beginnt hinter der Oder-Neiße-Linie. Das wusste schon die große Denkerin Erika Steinbach, der zu Ehren in Dresden ein [5][ganzer Stadtteil benannt ist]. Wer die Ergebnisse der Potsdamer Konferenz anerkennt, gilt in Sachsen als Volksverräter. Beim Heimatsender MDR, den man im Tal der Ahnungslosen fast störungsfrei empfangen kann, ist man sich dieser Gefahr bewusst.
… König Kurt keinen Ikea-Rabatt erhält
Kurt Biedenkopf befreite nicht nur Dresden, sondern ganz Sachsen von der stalinistischen Diktatur. Die Bürger dankten es ihm mit absolutem Gehorsam – das hatten sie gelernt. Mit „Wir sind dein Volk“-Rufen huldigten sie ihm satte zwölf Jahre lang. Ihrem zum König gekrönten Ministerpräsidenten stehen daher selbstverständlich auch [6][Rabatte beim Möbelausstatter] zu, da sind sich die Dresdner sicher. Wenn es sein muss, auch einhundert Prozent.
… die NPD verboten wird
Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands hatte ihr Machtzentrum über viele Jahre in Dresden. Endlich etwas, worauf die Stadt stolz sein konnte (vom Stollen einmal abgesehen). Auch wenn es um die Verteidiger der Heimat gerade [7][schlecht bestellt ist], nehmen lassen möchten sich die Sachsen ihren liebgewonnen Ausdruck ihrer demokratischen Toleranz nicht. Schon gar nicht von irgendwelchen [8][dahergelaufenen Wessis], die noch nie auf die Straße gegangen sind, um endlich die Wahlfreiheit zwischen CDU, AfD und NPD zu haben.
… Dynamo nie mehr den FDGB-Pokal gewinnt
Die SG Dynamo Dresden gewann sieben mal den Pokalwettbewerb der DDR, zuletzt im Jahr 1990. Seitdem ist Ebbe im Trophäenschrank. Auf den bundesdeutschen DFB-Pokal hat man so wenig Lust, dass man in der vergangenen Saison noch [9][nicht einmal antrat]. Der Verein rief daraufhin seinen eigenen FDGB-Pokal ins Leben, der aber noch vor dem Finale gestoppt werden musste, weil er sich wirtschaftlich nicht rentierte.
… im Fürstenzug ein Preuße entdeckt wird
Seit über einhundert Jahren untersuchen die renommiertesten sächsischen Wissenschaftler das berühmte [10][Wandbild eines Reiterzuges] in der Auguststraße unweit der Frauenkirche. Dort sind auf Fliesen aus Meißner Porzellan alle Markgrafen, Herzöge, Kurfürsten und Könige aus dem Geschlecht des Fürstenhauses Wettin abgebildet. Aber auch zahlreiches Fußvolk hat hier seinen Platz gefunden. Fände sich unter ihnen ein Preuße, wäre es um den reinrassigen Ruf der Sachsen geschehen.
… die Waldschlößchenbrücke zusammenbricht
An einer der breitesten Stellen der Elbauen spannt sich seit vergangenem Jahr eine neue Brücke. Seinen eigentlichen Zweck hatte das Bauwerk schon vor der Fertigstellung erfüllt: Die Unesco erkannte dem Dresdner Elbtal seinen [11][Status als Weltkulturerbe] ab. Das bedeutet: Weniger Touristen = weniger Ausländer.
… der sächsische Dialekt ausstirbt
Wer soll dann bitte noch Witze verstehen, wie: „Was sagen sie zu Angola? An Gola gann ich mich dooodsaufen.“
10 Dec 2014
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