taz.de -- Kommentar CIA-Folterbericht: Anklage- statt Folterbank
Es reicht nicht, dass die CIA-Folterprogramme eingestellt wurden. Eine strafrechtliche Aufarbeitung fehlt: Bush und Cheney müssen auf die Anklagebank.
Es ist schon etwas Besonderes: Normalerweise versuchen Diktatoren und andere Regierungschefs, schwere Menschenrechtsverbrechen in ihrer Amtszeit auf ihre Untergebenen abzuwälzen – sie selbst hätten von nichts gewusst.
Anders in den USA: Schon vor der Veröffentlichung des Senatsberichts über die Foltermethoden, mit denen der Geheimdienst CIA über Jahre mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen quälte, gingen Expräsident George W. Bush und sein damaliger Vize Dick Cheney offensiv in die US-Medien. Das Programm sei von oben abgesegnet und ausgesprochen sinnvoll gewesen, die beteiligten CIA-Agenten echte Patrioten.
Man könnte das als ewiggestriges Geseier alter Männer abtun, wenn diese Geisteshaltung nicht so fatale Folgen hätte.
Was in den CIA-Geheimgefängnissen geschah, waren keine „verschärften Verhörtechniken“, wie es im offiziellen Sprachgebrauch hieß, das war nach jeder denkbaren Definition Folter – vor allem nach jener der UN-Konvention, deren Verabschiedung sich an diesem Mittwoch zum 30. Mal jährt und die von den USA mitunterschrieben und ratifiziert worden ist. Dass niemand der Verantwortlichen vor Gericht gestellt wurde, ist ein Skandal – und kein Freibrief, weiterhin Verbrechen zu verteidigen.
Seit die USA nach dem 11. September 2001 offensiv anfingen, selbst zu foltern, haben Menschenrechtsorganisationen weltweit eine Renaissance der – nie vollkommen verschwundenen – Folter beobachtet.
Wenn sich die USA in einer neuen Auseinandersetzung um Werte wie Freiheit, Demokratie und Menschenrechte wähnen, dann reicht es nicht, dass die CIA-Programme unter Präsident Barack Obama eingestellt wurden.
Es muss endlich auch eine strafrechtliche Aufarbeitung folgen. Bush und Cheney gehören nicht in die Talkshows, sondern auf die Anklagebank.
10 Dec 2014
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