taz.de -- Sony Hacker-Skandal: Nordkorea will eine Untersuchung

US-Präsident Obama macht Pjöngjang für den Angriff auf das Filmstudio verantwortlich, Nordkorea weist das zurück. In den USA wird der Stopp des Films diskutiert.
Bild: Die Plakate hängen, aber der Film wird nicht gezeigt.

SEOUL/WASHINGTON ap/rtr | Nordkorea hat die USA zu einer gemeinsamen Untersuchung des Hackerangriffs auf das Hollywood-Filmstudio von Sony aufgefordert. Die Regierung könne beweisen, dass sie nichts mit der Cyberattacke zu tun habe, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Pjöngjang laut der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA am Samstag.

Sollten die USA eine gemeinsame Untersuchung ablehnen und an ihren Anschuldigungen festhalten, werde dies ernsthafte Konsequenzen haben. Der Vorwurf, Nordkorea stecke dahinter, sei ein grundlose Verleumdung, mit der die USA die öffentliche Meinung gegen das asiatische Land aufbringen wolle.

Obama machte am Freitag (Ortszeit) – wie auch die US-Bundespolizei FBI – offiziell Nordkorea für den Angriff auf die Computer der Filmfirma und die Veröffentlichung vertraulicher Daten verantwortlich und kündigte nicht näher beschriebene Gegenmaßnahmen an. Es ist das erste Mal, dass die USA offen einen anderen Staat für einen Cyberangriff auf ihr Territorium verantwortlich machen.

Nach Angaben der US-Bundespolizei FBI wurden bei dem Datendiebstahl Programme eingesetzt, wie sie auch im März 2013 von nordkoreanischen Angreifern bei Attacken auf südkoreanische Banken und Medien verwendet worden seien. Die Ermittler hätten zudem Verbindungen zu Computerschädlingen gefunden, die in Nordkorea entwickelt worden seien. Obama zufolge gibt es keine Hinweise auf eine Beteiligung anderer Nationen.

Der Stopp des Films „The Interview“ entfacht in Amerika eine Grundsatzdebatte über die Meinungsfreiheit. US-Präsident Barack Obama kritisierte die Absage des Kinostarts. „Wir können keine Gesellschaft zulassen, in der ein Diktator irgendwo anfängt, Zensur auszuüben“, sagte der Präsident am Freitag. Auch Hollywoodstar George Clooney und der Schriftsteller Paulo Coelho verlangten die Veröffentlichung des Films.

„Das diffamiert das Bild unseres Landes“

Gleichzeitig kritisierte Nordkorea den satirischen Film, der von einem fiktiven Attentat auf den nordkoreanischen Führer Kim Jong Un handelt. „Das diffamiert das Bild unseres Landes. Das verhöhnt unsere Staatshoheit. Wir weisen das zurück“, sagte der nordkoreanische UN-Diplomat Kim Song. Die Kontroverse kommt kurz vor Beratungen des UN-Sicherheitsrats über die Menschenrechtssituation in Nordkorea am Montag. Kim Song und seine Kollegen wollen nach eigenen Angaben daran nicht teilnehmen.

Bei dem Hackerangriff auf Sony Pictures waren massiv hochsensible Personaldaten sowie vertrauliche E-Mails und Drehbücher gestohlen worden. Das FBI hält eine Verwicklung Nordkoreas für erwiesen. Obama äußerte zwar Verständnis für das Filmstudio und sagte: „Sony ist ein Unternehmen. Es hat erheblichen Schaden erlitten. Es gab Drohungen gegen Mitarbeiter.“ Doch fügte er mit Blick auf die Absage des Filmstarts hinzu: „Trotzdem glaube ich, ja, sie haben einen Fehler gemacht.“

Studiochef Michael Lynton ließ dies nicht gelten. Das Unternehmen habe weder nachgegeben noch einen Rückzieher gemacht, sagte Lynton dem Sender CNN. Sony habe den Filmstart erst abgesagt, als sich alle großen Kinoketten weigerten, „The Interview“ zu zeigen. „Wir hatten keine Wahl“, sagte Lynton. In einer Mitteilung deutete Sony später an, dass möglicherweise doch noch eine Veröffentlichung auf DVD oder als Video auf Abruf denkbar sei.

Zu dem Hackerangriff hatte sich eine Gruppe namens Guardians of Peace bekannt, die davor warnte, den Streifen in „irgendeiner Form“ zu vertreiben. Schauspieler Clooney warb jedoch dafür, den Film sehr wohl zu zeigen. „Nicht, weil ihn jeder sehen müsste, sondern, weil ich nicht will, dass man mir sagt, ich könne ihn nicht sehen“, sagte er in einem Interview am Freitag.

Schriftsteller Coelho bot Sony 100.000 Dollar und die Veröffentlichung auf seinem Blog an. Zwar hätte er dabei auch Angst vor Repressalien, fügte aber hinzu: „Lebt man mit der Angst oder mit der Schande? Dann lieber mit der Angst.“ Jeder müsse sich für Rechte wie die Meinungsfreiheit einsetzen. „Wir leben in einer Zeit, in der die Angst regiert, und das kann so nicht weiter gehen“, sagte Coelho.

20 Dec 2014

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