taz.de -- Mindestens 20 deutsche Islamisten: Trotz Passentzug nach Syrien
Mit einer Änderung des Personalausweisgesetzes soll die Ausreise gewaltbereiter Salafisten verhindert werden. Linke-Politikerin Jelpke kritisiert das Gesetzesvorhaben.
BERLIN dpa | Die Bundesregierung will mit einer Änderung des Personalausweisgesetzes die Ausreise gewaltbereiter Salafisten verhindern. Mindestens 20 Islamisten konnten nach Medienberichten trotz Entzugs des Reisepasses bislang aus Deutschland in den Bürgerkrieg nach Syrien und in den Irak reisen. Das berichteten die Zeitungen Hamburger Abendblatt und Die Welt unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei.
Nach den Angaben nutzten die potenziellen Dschihadisten den Landweg quer durch die Europäische Union, dann über die Türkei und weiter nach Syrien. Für diese Reise reiche der Personalausweis aus, hieß es.
Ein Entwurf für ein geändertes Passgesetz wird am Mittwoch ins Kabinett eingebracht. Danach müssen Verdächtige künftig nicht nur ihren Reisepass abgeben, sondern auch den Personalausweis. Erklärtes Ziel ist es, Reisen radikaler Islamisten in Kampfgebiete zu verhindern, auch weil von Rückkehrern besondere Gefahr ausgeht. Ist der Verdächtige schon ausgereist, fällt er – weil sein Ausweis dann nicht mehr gültig ist – bei seiner Rückkehr auch in anderen Schengen-Staaten auf.
Insgesamt sollen bislang mehr als 500 Extremisten von Deutschland aus nach Syrien und in den Irak gereist sein. Davon waren nach Angaben der Behörden 40 Prozent keine deutschen Staatsbürger.
Die Linke-Politikerin Jelpke kritisierte das Gesetzesvorhaben. Das Vorgehen gegen Extremisten müsse ohne Verletzung von Grundrechten geschehen. „Nach den Plänen der Bundesregierung sollen die Sicherheitsbehörden ohne richterliche Anordnung den Entzug eines Personalausweises und die Ausgabe eines Ersatzpapieres mit Ausreisesperrvermerk anordnen können“, sagte Jelpke. „Ein Richtervorbehalt wäre aus rechtsstaatlicher Sicht das mindeste, allerdings ist generell fraglich, ob dieser Eingriff verhältnismäßig ist.“
13 Jan 2015
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ece B. riss in Richtung Syrien aus. Ihr erster Versuch, sich dem „Islamischen Staat“ anzuschließen, konnte noch verhindert werden.
Deutschen, die sich am Dschihad beteiligen wollen, kann in Zukunft der Personalausweis abgenommen werden, um sie an der Ausreise zu hindern.
In Stuttgart durchsuchten rund 70 Polizisten einen mutmaßlichen Treffpunkt von Islamisten. Insgesamt wird bereits gegen 106 Beschuldigte ermittelt.
Mehr als 500 Millionen Menschen reisten 2014 in Länder des Schengen-Abkommens ein. Aus Angst vor Anschlägen sollen mehr Pässe auf Fälschungen überprüft werden.
Haben deutsche Dschihadisten in Syrien Kriegsverbrechen begangen? Die Bundesanwaltschaft ermittelt einem Bericht zufolge gegen Denis Cuspert und Fared S.
Razzia in der Islamistenszene: Belgien gilt als „Drehscheibe der Dschihad-Rekrutierung“. Dort ist es leicht, Waffen zu besorgen.
Das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ war Teil unserer DNA, sagt der Autor Sélim Nassib. Frankreich fühlt sich erstmals wieder als ein Volk.
Präsident Hollande mobilisiert weitere 10.000 Armeeangehörige. Moscheen, Synagogen und jüdische Kindergärten werden bewacht.
Nach einer erneuten Krisensitzung erhöht Frankreich weiter die Sicherheitsmaßnahmen. Jüdische Einrichtungen im Land werden derzeit besonders geschützt.
Frankreich speichert Vorratsdaten, die Anschläge in Paris hat das nicht verhindert. Das zeigt: Massenüberwachung ist kein effizientes Mittel.
Nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ fordert die CSU eine Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung. Justizminister Heiko Maas hält das für nicht nützlich.