taz.de -- Neue Werbekampagne in den USA: Shame on you, McDonalds

McDonalds bedient sich unangenehmer Methoden, um den weiteren Rückgang seines Umsatzes zu verhindern. Fremdschämen ahoi.
Bild: Schön geschmacklos: McDonalds wirbt mit Mitleidsbekundungen.

McDonalds hat in den USA eine Werbekampagne gestartet, die zum Weinen ist. Also, das scheint zumindest ihr Ziel zu sein. Auf den Werbetafeln, die normalerweise Angebote bewerben, finden sich seit Jahren immer mal wieder feucht-fröhlich-pathetische Sprüche, die auf den ersten Blick so rein gar nichts mit Fast Food zu tun haben. Auf den zweiten oder dritten übrigens auch nicht. Auf das Mitleid der Kunden setzen sie fast ausnahmslos.

Mal begrüßen sie Neugeborene in einer Stadt („It's a girl, Rosalie Kay!“), heißen Kriegsveteranen zuhause willkommen („Welcome home 442nd fighter wing“) oder – und hier ist Heulen nun wirklich erlaubt – erinnern an schreckliche Ereignisse wie den Anschlag auf den Boston-Marathon 2013 („Boston Strong“) oder die Toten des 11. Septembers 2001 („We remember 9/11“).

Jetzt hat McDonalds daraus ein Werbespot gemacht. Einige der berührendsten Werbetafeln wurden abgefilmt und dramatische Musik begleitet das Video.

Unternehmen können und sollen sich für soziale und politische Belange aussprechen, eine Meinung haben. Sogar die Tränendrüse darf dabei sein. Der Bezug zum Produkt ist nicht immer notwendig. McDonalds hat hier jedoch strong opinions, die es intern nicht durchzieht. Die Aufforderung an die lokale Politik „Keep Jobs in Toledo“ ist bei schlechter Bezahlung eigener Mitarbeiter schwer ernstzunehmen.

Thank You, Veterans!

Weinen möchte man viel eher, weil sie durch eine pseudo-politische Meinung für ihr Produkt werben. Es ist ein fieser, fast schon menschenverachtender Move, die Werbung von Cheeseburgern in einen Zusammenhang mit unschuldigen Opfern von Attentaten zu bringen; sich an den Morden an Menschen zu bedienen, um Profit zu erwirtschaften.

Leider wagt das Unternehmen in dem Spot nichtmal etwas. Es beweist keinerlei Haltung. Der Aufforderung, sich gegen den Anschlag auf die Twin Towers oder auf den Boston-Marathon auszusprechen, wird jeder empathiebegabte Mensch nachkommen. Mutig wäre es, sich tatsächlich politisch kontroversen Themen anzunehmen, wie der Krankenversichungsreform „Obamacare“ oder, aktuell, der Presse- und Meinungsfreiheit. Davor hat das Unternehmen wahrscheinlich berechtigte Angst, denn seine schrumpfende Zahl an Besuchern auch noch zu polarisieren oder provozieren kann sich der Konzern nicht leisten.

Dann eben so: We remember 9/11! Cheeseburger gefällig?

15 Jan 2015

AUTOREN

Sarah Emminghaus
Sarah Emminghaus

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