taz.de -- 4. Jahrestag der Revolution in Ägypten: 18 Menschen sterben bei Krawallen

Hunderte Muslimbrüder harrten Sonntagnacht auf den Straßen eines Kairoer Stadteils aus. Dort hatten sie sich zuvor heftige Schlachten mit der Polizei geliefert.
Bild: Ein Auto brennt. Randale im Kairoer Stadtteil Matarija.

KAIRO dpa | Ägypten kommt nach den gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Islamisten und Sicherheitskräften nicht zur Ruhe. Im Kairoer Stadtteil Matarija hätten Hunderte Anhänger der verbotenen Muslimbruderschaft die Nacht hindurch auf den Straßen ausgeharrt, berichtete ein Reporter der Tageszeitung El-Balad am Montagmorgen. In dem Stadtteil waren am Wochenende mindestens zehn Menschen bei Straßenschlachten ums Leben gekommen.

Insgesamt 18 Menschen wurden bei Gewaltexzessen am vierten Jahrestag der Revolution in Ägypten getötet, unter ihnen drei Polizisten. Mindestens 82 weitere Menschen wurden verletzt, wie das Gesundheitsministerium am Sonntagabend mitteilte. Das Innenministerium sprach von 150 Festnahmen.

Zu den Protesten hatten unter anderem Anhänger des im Juli 2013 gestürzten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi aufgerufen. Sie betrachten die Herrschaft des derzeitigen Staatschefs Abdel Fattah al-Sisi als illegitim. Al-Sisi war Militärchef, als die Armee nach Massenprotesten die Herrschaft der islamistischen Muslimbrüder beendete.

Die ägyptische Führung hat die Muslimbruderschaft inzwischen zur Terrororganisation erklärt. Sicherheitskräfte gehen mit aller Härte gegen deren Mitglieder und Sympathisanten vor.

Schaima al-Sabagh starb durch Schrotkugeln

Bereits am Samstagabend wurde in Kairo unweit des Tahrir-Platzes eine Demonstrantin bei einem Trauermarsch für die Opfer der Revolution getötet. Die 32-jährige Schaima al-Sabagh sei mit Schrotkugeln erschossen worden, teilten Aktivisten am Sonntag auf einer Pressekonferenz mit. Polizisten hätten die Schüsse abgefeuert, um den Marsch gewaltsam aufzulösen.

Das Innenministerium hingegen machte nicht näher definierte „Bewaffnete“ verantwortlich. Die Kairoer Staatsanwaltschaft versprach, die bei der Auflösung des Trauermarsches beteiligten Beamten zu befragen.

In Ägypten fällt der Jahrestag des Ausbruchs der Revolution, die Anfang 2011 zum Sturz des Langzeitmachthabers Husni Mubarak führte, auf den landesweit gefeierten „Tag der Polizei“. Der 25. Januar ist daher ein Feiertag, Versammlungen zum Gedenken an die 2011 getöteten Demonstranten werden jedoch aus Sicherheitsgründen verboten. Bei den Protesten gegen Mubarak starben mehr als 800 Menschen.

26 Jan 2015

TAGS

Tahrir-Platz
Zehn Jahre Arabischer Frühling
Abdel Fattah al-Sisi
Muslimbruderschaft
Ägypten
Al-Dschasira
Abdel Fattah al-Sisi
Charlie Hebdo
Amnestie

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Pressefreiheit Ägypten: Journalisten als Faustpfand

Ägypten hat den Al-Jazeera-Korrespondenten Peter Greste aus der Haft entlassen und abgeschoben. Die juristische Peinlichkeit aber bleibt.

Proteste in Ägypten: Vier Jahre Veränderung

Sicherheitskräfte versuchen, die Kundgebungen zum Jubiläum der Proteste auf dem Tahrirplatz aufzulösen. Eine Demonstrantin stirbt durch Schüsse.

Karikaturisten in Ägypten: Wenn Bärtige zeichnen schwierig ist

Islamisten, Muslimbrüder, Generalsanhänger – sie alle bedrohen die Karikaturisten Anwar und Makhlouf in Kairo. Über das Zeichnen zwischen Tabus.

Amnestie für ägyptische Inhaftierte: Al-Sisi will 600 Häftlinge freilassen

Ägyptens Präsident Al-Sisi entlässt zum 4. Jahrestag der Revolution 584 Gefängnisinsassen vorzeitig in die Freiheit. Das berichtet die Staatszeitung „Al-Ahram“.