taz.de -- Senats-Check zum Wohnungsbau: Versprechen gehalten

Der SPD-Senat wollte 6.000 Wohnungen im Jahr bauen. Diese Zahl hat er erreicht. Der Mieterverein findet, es müssten mehr sein.
Bild: Olaf Scholz hat Wohnraum geschaffen: Der Opposition genügt das nicht

HAMBURG taz | Der Wohnungsbau war 2010/ 11 eines der zentralen Wahlkampfversprechen des Bürgermeisterkandidaten Olaf Scholz (SPD). An jährlich 6.000 neuen Wohnungen wollte er sich messen lassen. Nach einer Anlaufphase ist ihm das tatsächlich geglückt.

Allerdings mäkelt die Opposition, die Neubauten hielten mit dem Bevölkerungszuwachs nicht Schritt, man müsse die Abrisse gegenrechnen – und vor allem stoppten sie nicht den rapiden Schwund bei den Sozialwohnungen.

In der Stadtentwicklungspolitik der vergangenen vier Jahre war deutlich zu erkennen, dass der SPD-geführte Senat dem Wohnungsneubau Priorität einräumte. Die ersten Schritte in diese Richtung hatte bereits der schwarz-grüne Vorgängersenat getan.

Die grüne Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk startete mit mäßigem Erfolg zwei „Wohnungsoffensiven“. Mit dem ehemaligen GWG-Chef Michael Sachs (SPD) installierte sie einen fachkundigen und gut vernetzten Wohnungsbaukoordinator.

Scholz nordete die Bezirksverwaltungen noch stärker ein, geeignete Grundstücke für den Wohnungsbau zu identifizieren. Und mit der Wohnungswirtschaft schloss er ein „Bündnis für das Wohnen“.

Darin verpflichtete sich der Senat, den jährlichen Neubau von mindestens 2.000 mietpreisgebundenen Wohnungen zu fördern, während die Wohnungswirtschaft versprach, im Gegenzug jährlich 5.400 Wohnungen zu errichten. Bei der Vergabe städtischer Grundstücke sollte nicht länger der höchste Preis, sondern das beste Baukonzept den Ausschlag geben. Spätestens 2014 sollte so das Regierungsziel von jährlich 6.000 Neubauwohnungen erreicht werden.

Diese Marke hat der Senat bereits 2013 mit gut 6.400 Wohnungen übertroffen und auch 2014 mit 6.100 Wohnungen. Nach jüngsten Angaben von Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) hat der Senat seit 2011 den Bau von gut 36.800 Wohnungen genehmigt. Knapp 14.200 Wohnungen würden derzeit errichtet. Den Neubau und die Modernisierung will der Senat im laufenden Jahr mit 172 Millionen Euro fördern, 2016 sogar mit 175 Millionen.

Aus Sicht des Mietervereins sind die 6.000 Wohnungen freilich zu wenig: Er hat stets 8.000 gefordert. Und auch die Linke warnt: „Der Senat deckt mit den neu errichteten Wohnungen nicht einmal den durch das Bevölkerungswachstum verursachten Bedarf ab.“

2012 und 2013 seien knapp 9.300 Wohnungen hinzugekommen – bei einem Einwohnerzuwachs von knapp 28.200. Die Linke kommt für die beiden Jahre auf eine Differenz von rund 1.000 Wohnungen zwischen Neubau und tatsächlichen Zuwachs. Grund dafür ist, dass immer auch Wohnungen abgerissen werden.

Unzufrieden ist nicht nur die Linke mit dem Zubau von Sozialwohnungen. Ein Drittel der Neubauten soll gefördert sein. 2014 wurde erstmals die 2.000er Marke überschritten. Doch 2013 waren es laut Behörde bloß gut 1.300. Und viel mehr Sozialwohnungen verlieren jedes Jahr ihre Preisbindung.

Dabei verweist die Saga/ GWG-Geschäftsführung regelmäßig darauf, dass die Miete neuer Sozialwohnungen aufgrund des heutigen Baustandards über ihrer Durchschnittsmiete liege.

Um den Anstieg der Mieten zu bremsen, hat der Senat bereits 2013 von einer Änderung des Mietrechts Gebrauch gemacht und die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in einem „angespannten Wohnungsmarkt“ herabgesetzt. In der ganzen Stadt dürfen Mieten binnen drei Jahren nicht mehr um 20, sondern nur noch um 15 Prozent steigen.

8 Feb 2015

AUTOREN

Gernot Knödler

TAGS

Hamburg
Wohnungsbau
Bürgerschaftswahl 2015
Mietpreisbremse
Mieten
Bürgerschaftswahl 2015
Schwerpunkt AfD
Wahlkampf
Bürgerschaftswahl 2015
Olaf Scholz
SPD Hamburg
Wissenschaft
Bürgerschaftswahl 2015

ARTIKEL ZUM THEMA

BGH stärkt Rechte von Mietern: Schönheit ist Sache des Vermieters

Wenn Vermieter eine Wohnung unrenoviert an Mieter übergeben, sind Klauseln zu fälligen Schönheitsreparaturen ungültig. Dies sei ein „wegweisendes Urteil“.

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz: Der Abräumer

„Olaf denkt, Olaf lenkt – wir rudern“, beschreibt ein Genosse das System Scholz. Es ist ein Mix aus Merkels Pragmatismus und Schröders Wucht.

Hamburger AfD vor der Wahl: Schills Erben und der nette Kruse

Die AfD könnte erstmals in ein westdeutsches Parlament einziehen. Ihr Chef gibt sich moderat, andere Kandidaten sind alte Bekannte.

Senats-Check zur Hamburg-Wahl: Beim Thema Umwelt nichts geliefert

In der Umweltpolitik hat der SPD-Senat gehalten, was er versprochen hatte – nichts. Aus der Umwelthauptstadt wurde eine Stadt, in der Ökologie geächtet ist.

Porträt der Grünen Katharina Fegebank: Ungeduldiges Wahlkampftier

Katharina Fegebank soll die Hamburger Grünen in eine Koalition mit der SPD führen. Eigentlich zieht es sie aber aufs internationale Parkett.

Gentrifizierung in Hamburg: Bauen gegen die Wohnungsnot

Die Mieten steigen, es fehlt bezahlbarer Wohnraum. Im Wahlkampf ist Wohnungspolitik eines der Lieblingsthemen von Bürgermeister Olaf Scholz.

Senats-Check zur Landtagswahl: Graf Zahl war knauserig

In der Bildung versuchte die SPD Inklusion zum Nulltarif und verteidigte das Turbo-Abitur. Erfolg bei Abiturientenzahlen, dafür keine Ausbildung für alle.

Senats-Check zur Wirtschaftslage: Brummende Wirtschaft

Ökonomisch läuft es eigentlich recht rund, wie zu CDU-Zeiten. Die Handelskammer warnt davor, nur auf den Hafen zu setzen.

Spitzenkandidat der Hamburger CDU: Schwiegersohn ohne Chance

Trotz attraktiven Personals sieht es für die hanseatische CDU vor der Bürgerschaftswahl schlecht aus. Die SPD sitzt fest im Sattel. Und die AfD nervt.