taz.de -- Kommentar Waffenstillstand Ukraine: Fragiles Abkommen

Seit Sonntag wird in der Ostukraine weniger geschossen. Doch es braucht jetzt auch eine Abrüstung der Sprache. Sonst wird das Töten weitergehen.
Bild: Der Waffenstillstand wir weitgehend eingehalten: ukrainischer Soldat in der Nähe von Debalzewe

Die Minsker Friedensverhandlungen haben ein konkretes Ergebnis gebracht: Seit Sonntag wird in der Ostukraine weniger geschossen. Ohne den Waffenstillstand von Minsk wäre das Töten weiter eskaliert.

Doch das Abkommen ist sehr fragil. Dies war bereits am Sonntagnachmittag erkennbar. Auf beiden Seiten lassen wichtige Entscheidungsträger eine wirkliche Bereitschaft zur Umsetzung des gesamten Abkommens vermissen. Die Erklärung von Separatistenchef Alexander Sachartschenko, man werde das Minsker Abkommen im Prinzip einhalten, aber nicht in Debalzewe, dürfte der Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens genauso abträglich sein wie die Erklärungen der extremen rechten Kommandeure von Rechtem Sektor und dem Bataillon Asov, die sofort nach Verkündung der Minsker Vereinbarung deutlich gemacht hatten, dass sie sich an dieses Abkommen nicht gebunden fühlen.

Auch Russlands Präsident Putin trägt mit seiner Weigerung, die ukrainische Pilotin Sawtschenko freizulassen, nicht zur Deeskalation bei. Damit verletzt er die Minsker Vereinbarung, die eine Freilassung aller Kriegsgefangenen vorsieht. Das Gleiche gilt für Kiew, das den für russische Medien tätigen ukrainischen Sportjournalisten Andrei Sachartschuk festnehmen ließ. Was jetzt dringend nottäte, wären vertrauensbildende Maßnahmen: Putin könnte die ukrainische Pilotin Sawtschenko freilassen, die Ukraine den Journalisten Andrei Sachartschuk.

Kiew sollte sich überlegen, ob man Personen, die sich offen gegen die Minsker Vereinbarungen ausgesprochen hatten, wirklich mit dem Kommando militärischer Einheiten betrauen sollte. Gleichzeitig brauchen wir eine Abrüstung der Sprache. Solange Kiew die Aufständischen als Terroristen bezeichnet und diese die ukrainischen Soldaten als Faschisten, wird das Töten weitergehen.

15 Feb 2015

AUTOREN

Bernhard Clasen

TAGS

Moskau
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wladimir Putin
Waffenstillstand
Kyjiw
Petro Poroschenko
Aufständische
Wladimir Putin
Wladimir Putin
Ukraine
Schwere Waffen
Waffenruhe
Russland
Francois Hollande

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar EU-Mission für die Ukraine: Hilflose Idee aus Kiew

Der ukrainische Präsident Poroschenko ist für eine vom UNO-Sicherheitsrat mandatierte Polizeimission der EU. Das wird nicht funktionieren.

Kämpfe in der Ostukraine: Separatisten rücken in Debalzewe ein

Der Termin zum Abzug schwerer Waffen ist verstrichen. Beide Seiten warten darauf, dass der Gegner beginnt. Nun wird erstmals in den Straßen von Debalzewe gekämpft.

Champions League Bayern – Donezk: Ausflug in die Realität des Fußballs

Schachtjor Donezk ist vom Ukraine-Krieg direkt betroffen. Nun trifft der Verein im Achtelfinale der Champions League auf den FC Bayern München.

Hoffnung auf Frieden in der Ukraine: Einen Schritt vor, zwei zurück

Die Konfliktparteien im Osten der Ukraine werfen sich gegenseitig vor, die Waffenruhe zu verletzen. Die EU weitet die Sanktionen aus.

Konflikt in Ostukraine: Feuerpause, aber kein Frieden

Es ruhig geworden im Osten der Ukraine. Die Menschen trauen sich wieder auf die Straße. Doch die Waffenruhe ist brüchig.

Debatte Minsk-Abkommen: Alles ist offen

Die zweite Vereinbarung von Minsk ist ein positives Zeichen, doch zu wolkig, um den Krieg zu beenden. Flankierende Maßnahmen sind nötig.

Kommentar Ukraine-Gipfel: Der Minsker Kompromiss

Von allen Seiten muss mit dem Scheitern des Minsker Kompromisses gerechnet werden. Aber man sollte trotzdem optimistisch bleiben.