taz.de -- Razzia wegen PKK-Verdachts: Polizei durchsucht Wohnungen von Kurden
Beamte wühlen nach Propagandamaterial der verbotenen Arbeiterpartei PKK. Ein kurdischer Verein fordert, die Kriminalisierung der Kurden zu beenden.
HAMBURG taz | Die Wohnungen von fünf kurdischen Familien in der Region Hannover sind am Mittwoch- und Donnerstagmorgen durchsucht worden. Die Behörden seien einem Vorwurf nach dem Vereinsgesetz nachgegangen, teilte die Staatsanwaltschaft Lüneburg mit. Nach Angaben des Vereins „Kurdistan Volkshaus Hannover“ suchten die Beamten bei seinen Mitgliedern nach Propagandamaterial der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Abdullah Efe von der kurdischen Dachorganisation Nav-Dem zeigte sich überrascht, dass die Wohnungen gerade jetzt durchsucht wurden. „Die suchen nach Argumenten, das PKK-Verbot aufrechtzuerhalten“, spekulierte er.
Efe argumentierte, das PKK-Verbot von 1993 sei überholt. In Syrien kämpfe die PKK an der Seite des Westens gegen die radikalen Islamisten des IS. Der Vorsitzende der CDU/ CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder, hatte deshalb angeregt, über Waffenlieferungen an die PKK nachzudenken. Efe erinnerte außerdem daran, dass die PKK seit Ende 2012 in der Türkei mit der Regierung über einen Frieden verhandelt. „In einer solchen Zeit eine Razzia zu machen, können wir nicht akzeptieren“, sagte Efe.
Das Vorgehen der Polizei kriminalisiere die Kurden und wirke diskriminierend. Es erschwere, kurdische Jugendliche zu integrieren. Aus Efes Sicht gab es keinen Grund für die Durchsuchungen. „Wir machen alles im demokratischen Rahmen“, sagt er. „Unser Material ist bekannt.“ Wenn die Bundesregierung hinter dem Friedensprozess in der Türkei stehe, solle sie das PKK-Verbot aufheben.
Ein Antrag der Linken dazu ist erst vor zwei Wochen im Bundestag diskutiert worden. Demnach sollte außerdem die Verfolgung als ausländische terroristische Vereinigung eingestellt werden. Wer die Kurden als Partner bei der Terrorbekämpfung umwerbe, „sollte auch ihre jeweiligen Organisationen akzeptieren“, argumentierte die Linke. „Für mich ist das Verbot der PKK seit Jahren nicht mehr nachvollziehbar“, sagt die grüne Landtagsabgeordnete Meta Janssen-Kucz. Angesichts drängenderer Probleme sei nun aber der falsche Zeitpunkt, über eine Aufhebung des Verbots zu diskutieren.
13 Mar 2015
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Einen kurdischen Staat wollen weder Nachbarn noch Großmächte. Mit dem Zerfall Iraks und Syriens ergeben sich trotzdem Chancen.
Seit zwei Jahren herrscht zwischen der kurdischen PKK und dem türkischen Staat Waffenruhe. Nun wurden fünf Mitglieder der PKK getötet und vier Soldaten verletzt.
Zehntausende kamen im Konflikt zwischen PKK und der türkischen Regierung ums Leben. Der inhaftierte PKK-Chef Öcalan möchte den Kampf beenden.
Die Reform des Demonstrationsstrafrechts ist vorerst gestoppt. Der Verzicht auf die Novelle erfolgte offenbar aus Rücksicht auf Verhandlungen des Kurdenkonflikts.
Zweieinhalb Jahre Haft für "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland". Hamburger Gericht wendet erstmals den Paragrafen 129 b an.
In Hamburg steht erstmals ein PKK-Aktivist wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ vor Gericht. Doch die Beweislage ist dünn.