taz.de -- Kommentar Machtkampf in Venezuela: Der Putsch ist nicht mehr nötig

Die Position von Venezuelas Präsident Maduro war zuletzt schwach. Nach der Intervention von US-Präsident Obama stellt sich nun ganz Lateinamerika hinter ihn.
Bild: Caracas, Mitte März 2015: Proteste gegen den US-Einmischung vor dem Präsidentenpalast.

Noch Ende Februar schloss José Mujica, kurz vor dem Ende seiner Amtsperiode als Präsident von Uruguay, einen Putsch linker Militärs in Venezuela nicht aus. So verfahren schien die politische und ökonomische Situation, so schwach die Position von Präsident Nicolás Maduro, dass vieles auf eine Ablösung des von Hugo Chávez aufgestellten Nachfolgers hindeutete, welcher Art auch immer.

Zwei Wochen später scheint dies alles vergessen. Nicht nur, dass sich der ganze südamerikanische Kontinent hinter Maduro stellte, die politische Führungsriege in Venezuela ließ es zu, dass er bis zum Jahresende mit einem Vollmachtgesetz regieren kann, dessen allgemeine Formulierungen so ziemlich alles Mögliche zulassen, um die Ordnung in Venezuela aufrecht zu erhalten. Der mutmaßliche Putsch linker Militärs ist nicht mehr nötig.

Verhindert hat ihn in erster Linie US-Präsident Barack Obama. Kaum hatte dieser Venezuela als „Bedrohung für die Sicherheit der USA“ eingestuft, da lag auch schon der entsprechende Gesetzentwurf der Nationalversammlung in Caracas vor. Auch wenn er nur drei wenig beschriebene Textseiten umfasst, so erweckt diese Schnelligkeit doch den Eindruck, er habe bereits weitgehend ausformuliert in der Schublade im Präsidentenpalast Miraflores bereitgelegen.

Barack Obamas Strategen kann das nicht überrascht haben. Und wenn Maduro die in wenigen Monaten anstehende Parlamentswahl aussetzt, um den drohenden Mehrheitsverlust zu verhindern, dann kann dies einer pragmatischen US-Außenpolitik nur recht sein. Solange US-Einmischungen in anderen Weltregionen dazu führen, dass sich die dortigen Bevölkerungen gegenseitig an die Gurgel gehen, mag dies für die US-Regierung akzeptabel sein. Auf dem eigenen Kontinent will sie aber Ruhe haben, egal wer diese garantiert.

16 Mar 2015

AUTOREN

Jürgen Vogt

TAGS

Barack Obama
Venezuela
Nicolás Maduro
Regierung
Lateinamerika
PDVSA
Regierung
Ölpreis
Hugo Chavez
Sanktionen
Einkaufen
Erdöl
Venezuela

ARTIKEL ZUM THEMA

Machtkampf in Venezuela: Militärgericht verurteilt neun Offiziere

2014 begann eine Protestwelle gegen die Regierung. Nun wurden teils ranghohe Angehörige der Luftwaffe zu Haftstrafen verdonnert.

Debatte Amerika-Gipfel: Foto fürs Geschichtsbuch

Erstmals nimmt Kuba am Gipfel der amerikanischen Staaten teil. US-Präsident Obama will damit den Einfluss der USA wiederherstellen.

Debatte Venezuela unter Nicolás Maduro: Höchste Alarmstufe

Venezuelas größtes Problem ist das politische System. Die partizipative Demokratie von Hugo Chávez ist ein Auslaufmodell.

Debatte Opposition in Venezuela: Regierung schachmatt

Die Wirtschaft taumelt am Abgrund. Doch die Opposition ist keine Alternative, sie vertritt nur die weiße Oberschicht und neoliberale Interessen.

Gesundheitsversorgung in Venezuela: Methoden wie in den 40er-Jahren

Durch den niedrigen Ölpreis hat Venezuela kaum Geld für seine Krankenhäuser. Für Brustkrebspatientinnen hat das verheerende Konsequenzen.

Vollmachten für Venezuelas Präsidenten: Regieren per Verordnung

Nicolás Maduro hat neue Vollmachten. Jetzt kann er gegen alles vorgehen, was er als Bedrohung der Sicherheit und Ordnung interpretiert.

Venezuelas Staatschef Nicolás Maduro: Obama ist wie Nixon und Bush

Der US-Präsident repräsentiere die „imperialistische Elite“, so Maduro. Er ist sauer, weil Obama die Lage in Venezuela als „außergewöhnliche Bedrohung“ gewertet hat.

Versorgungskrise in Venezuela: Shoppen nur mit Fingerabdruck

Venezuelas Regierung will gegen Hamsterkäufe im Land vorgehen. Deshalb sollen Lebensmittelkäufe der Bürger künftig per Fingerabdruck kontrolliert werden.

Neue Demonstrationen in Venezuela: Proteste und Putschvorwürfe

Zum Jahrestag der Protestwelle 2014 geht die Opposition wieder auf die Straße. Die ökonomische Lage hat sich weiter verschlechtert.

Venezolanische Eisdiele wird Politikum: Zank um Schinken-Käse-Eis

Die weltberühmte Eisdiele „Coromoto“ in Merida schloss offiziell wegen Mangel an Milch. Die Regierung wittert eine Kampagne der Opposition.