taz.de -- Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn: Neue Streiks in dieser Woche

Gewerkschaften GDL und EVG lehnen das Tarifangebot des Konzernvorstands ab. Ab Dienstag soll sechs Tage lang gestreikt werden.
Bild: Leere Gleise, leere Bahnsteige: Die Zeit der Symbolbildsuche „Bahnstreik“ ist wieder angebrochen.

BERLIN taz | Im Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn ist eine Einigung weiterhin nicht in Sicht. Sowohl die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) als auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) haben das Angebot des Konzerns als nicht ausreichend zurückgewiesen. Die GDL kündigte am Sonntag an, den Personenverkehr ab Dienstag und den Güterverkehr bereits ab Montag für sechs Tage zu bestreiken. Auch die EVG will Arbeitskampfmaßnahmen „nicht ausschließen“.

Die Bahn hatte den beiden konkurrierenden Gewerkschaften Ende vergangener Woche ein weitgehend gleichlautendes Angebot unterbreitet. Bei einer Laufzeit von 29 Monaten sollen die Löhne vom 1. Juli 2015 an in zwei Schritten um insgesamt 4,7 Prozent steigen. Hinzu kommt eine Einmalzahlung von 1.000 Euro bis zum 30. Juni, auf die ein bereits gezahlter Vorschuss von 750 Euro angerechnet werden soll. „Wir wollen weiterkommen und eine faire und wirtschaftlich tragfähige Lösung“, sagte Personalvorstand Ulrich Weber.

Doch wirklich gut ist der Vorschlag nicht. Denn der Bahn geht es nicht schlecht: Trotz Streiks, Fernbuskonkurrenz und Sturmtief „Ela“ konnte der staatseigene Konzern im Geschäftsjahr 2014 seinen Umsatz um 1,5 Prozent auf 39,7 Milliarden Euro steigern. Das operative Ergebnis vor Steuern und Zinsen – also der Gewinn – lag bei 2,1 Milliarden Euro. Da erstaunt es schon, dass die Bahn mit ihrem Angebot sowohl hinter den diesjährigen Abschlüssen in der Metall- und Elektroindustrie als auch im öffentlichen Dienst zurückbleibt.

Demgegenüber fordert die EVG 6 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro mehr pro Monat. Ziel der GDL ist eine Entgelterhöhung um 5 Prozent. Darüber hinaus fordert die Lokführergewerkschaft eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde auf 38 Stunden und eine Begrenzung der Überstunden auf 50 Stunden im Jahr. Bislang gibt es keine Anzeichen, dass die Arbeitgeberseite hier zu Zugeständnissen bereit ist.

Knackpunkt Laufzeitunterschiede

Zudem beklagt die GDL, dass die Bahn am „Zweiklassenlokführer“ festhalte. Weiterhin wolle sie die Lokrangierführer als „Billig-Lokomotivführer“ missbrauchen. Auch die Bahn bezeichnet den Umgang mit der Gruppe der Lokrangierführer als „Knackpunkt“. Ihre Gleichbehandlung mit den Lokführern lehnt Personalvorstand Weber strikt ab. „Was die GDL will, würde unseren Mitarbeitern und dem Unternehmen Deutsche Bahn schaden“, sagte er. „Das dürfen wir nicht zulassen.“

Die EVG beklagt, dass die von der Bahn vorgeschlagenen Tarifverträge unterschiedliche Laufzeiten für verschiedene Beschäftigtengruppen vorsehen. Konkret soll der Vertrag für den Dienstleistungsbereich ein halbes Jahr später enden. „Damit wären beispielsweise Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Sicherheit, Service und Kommunikationstechnik abgekoppelt, das wollen wir nicht“, so EVG-Verhandlungsführerin Regina Rusch Ziemba. Eine Spaltung der Belegschaft müsse verhindert werden.

3 May 2015

AUTOREN

Pascal Beucker

TAGS

Streik
EVG
GDL
Deutsche Bahn
Bahn
Streitfrage
Streik
Schwerpunkt Bahnstreik
Tarifkonflikt
Tarifkonflikt
Bundesregierung
Arbeitskampf

ARTIKEL ZUM THEMA

Einigung zwischen Bahn und GDL: 5,1 Prozent mehr Lohn

Nach einem Jahr Streit: Bahn und GDL haben sich auf einen 450-Seiten-Tarifvertrag samt Lohnerhöhungen einigen können.

Die Streitfrage: Gibt es gute und schlechte Streiks?

Die Lokführer streiken schon wieder und nerven, für Kitastreiks hingegen haben wir Verständnis. Müssen wir aber nicht jeden Streik gut finden?

Arbeitskampf bei der Bahn: GDL will ihren Streik durchziehen

Trotz heftiger Kritik hält die GDL an ihrem Streik fest. Eine Schlichtung lehnt Gewerkschaftschef Weselsky ab – und macht der Regierung Vorwürfe.

Kommentar Erneuter Lokführerstreik: Bahnvorstand will Unterwerfung

Der Bahnvorstand trickst und täuscht. Die Wut der Fahrgäste sollte sich gegen ihn und nicht gegen die Gewerkschaften richten.

Tarifverhandlungen mit der Bahn: GDL droht mit neuen Streiks

Erneut konnten Lokführergewerkschaft und Bahn keine Einigung erzielen. Einmal mehr sind Arbeitsniederlegungen angekündigt.

GDL-Chef über Arbeitskampf: „Dieser Streik ist nur der Einstieg“

Die Bahn habe in ihrem Angebot Verhandlungsergebnisse unterschlagen, sagt Claus Weselsky. Beim Tarifeinheitsgesetz hofft er auf das Verfassungsgericht.

Kommentar zum Lokführerstreik: Der Bund verschwendet Millionen

Die Bahn hat kein Interesse an einer Einigung im Streik gezeigt und bisher kein verbindliches Angebot vorgelegt. Jetzt muss die Bundesregierung ran.

Bahn und GDL uneinig: Verhandeln in Paralleluniversen

Warum nochmal stehen in Deutschland die Züge still? Bahn und GDL geben jeweils völlig unterschiedliche Versionen ein und derselben Geschichte wieder.