taz.de -- Die Streitfrage: Gibt es gute und schlechte Streiks?

Die Lokführer streiken schon wieder und nerven, für Kitastreiks hingegen haben wir Verständnis. Müssen wir aber nicht jeden Streik gut finden?
Bild: Endlich mal Ruhe, das mögen diese beiden Tauben. Sie sind ja auch nicht auf die Bahn angewiesen.

Schon wieder! Das war wohl bei den meisten Bahnfahrenden der Gedanke, als sie die Meldung über einen erneuten Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer erreichten. In dieser Woche hat die GDL den längsten Arbeitskampf begonnen, den es bei der Deutschen Bahn je gab – von Dienstag bis Sonntag sollen die Züge stillstehen. Seit zehn Monaten dauert der aktuelle Tarifkonflikt nun schon an, es ist der achte bundesweite Streik.

Davon dürften nicht nur die genervt sein, die irgendwann zwischen Dienstag und Sonntag den Zug oder die S-Bahn nehmen wollten. Wirtschaftsverbände warnen vor einem großen volkswirtschaftlichen Schaden, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sagt, der Tarifstreit bei der Bahn sei für Außenstehende kaum noch nachzuvollziehen und fordert: „Statt Deutschland lahmzulegen, brauchen wir ernsthafte Verhandlungen.“

Sechs Tage, das ist wirklich lang, findet auch so mancher, der sich sonst generell für Arbeitskampf ausspricht. Aber müssen Streiks nicht genau das: weh tun? Und wenn man sich im politischen Spektrum links einordnet – darf man dann überhaupt von einem Streik genervt sein?

Fast parallel zur Bahn wird auch bei den Kitas gestreikt, Erzieherinnen und Erzieher stimmen für einen unbefristeten Ausstand. Die Familien im Land dürfte das vor ähnliche Probleme stellen wie Reisende und Pendler der Streik bei der Bahn. Im schlimmsten Fall trifft es sie doppelt.

Und doch richtet sich die große Aufregung im Netz und auf der Straße auf die GDL und deren Chef Claus Weselsky. Er überzieht, sagen viele, bei den Forderungen, im Auftreten und im Ton. Es gehe ihm nicht um die Interessen der Arbeitnehmer, sagen Kritiker, sondern um einen Machtkampf gegen die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Die GDL will für das gesamte Zugpersonal und damit auch für die bislang von der EVG vertretenen Arbeitnehmer sprechen.

Die wiederholten Lokführerstreiks wecken das Gefühl, dass es jetzt dann auch mal reicht. Der Kita-Ausstand dagegen scheint auf den ersten Blick weitaus begründeter: Die Erzieher fordern eine bessere Bezahlung durch eine neue Eingruppierung in der Gehaltstabelle. Die GDL dagegen kämpft für ihr Recht auf eigenständige Abschlüsse auch mit Zugbegleitern und Rangierführern. Beim Kita-Streik geht es also gefühlt um mehr, um eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über die Wertschätzung von Erziehungs- und Pflegearbeit.

Darf man also den Kita-Streik unterstützen und sich gleichzeitig über die GDL aufregen? Oder ist Arbeitskampf gleich Arbeitskampf und immer gut? Kann man zwischen gutem und bösem Streik überhaupt unterscheiden?

Darf das Verständnis aufhören, kann ein Streik zu weit gehen? Oder müssen Linke jeden Streik gut finden? Was denken Sie?

Diskutieren Sie mit! Wir wählen unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlichen sie in der taz.am wochenende vom 9./10. Mai 2015. Ihr prägnantes Statement sollte nicht mehr als 400 Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns bis Mittwoch Abend eine Mail an: streit@taz.de

5 May 2015

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Britzelmeier

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