taz.de -- Erdogan kommt nach Deutschland: Inoffizielle Wahlkampftour

Der türkische Präsident will bei einem Treffen in Karlsruhe für seine Partei AKP werben. Die Oppositionspartei HDP will gegen seine Einmischung in den Wahlkampf klagen.
Bild: Recep Tayyip Erdogan bei einem Auftritt in Köln im Mai 2014.

ISTANBUL afp | Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kommt am Sonntag zu einer inoffiziellen Wahlkampfveranstaltung nach Deutschland. In Karlsruhe will Erdogan bei einem „Treffen der Jugend“ sprechen, wie der Verband Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) mitteilte.

Am selben Tag will Erdogan auch im belgischen Hasselt auftreten. Als Staatsoberhaupt ist Erdogan offiziell gehalten, sich nicht in die Tagespolitik einzumischen. Da er aber trotzdem vor der Parlamentswahl am 7. Juni für seine Partei AKP wirbt, will eine türkische Oppositionspartei jetzt vors Verfassungsgericht ziehen.

Die AKP-nahe UETD teilte mit, Erdogan wolle sich bei den Türken in Europa für die Unterstützung bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen August bedanken, bei der er zum Staatsoberhaupt gewählt worden war. Die Kurdenpartei HDP sieht in Erdogans Auftritten vor der Wahl im Juni eine illegale Wahlkampfhilfe für die AKP. Nachdem die Wahlkommission in Ankara einen Protest der HDP gegen das Verhalten Erdogans abschmetterte, erwägt die Partei nun einen Gang vor das Verfassungsgericht.

Bei der Wahl am 7. Juni will Erdogan einen möglichst hohen Stimmenanteil für die islamisch-konservative AKP erreichen, um anschließend Verfassungsänderungen zur Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei durchsetzen zu können. Nach den derzeitigen Umfragen kann die AKP zwar damit rechnen, mit etwa 42 Prozent der Stimmen wieder stärkste Kraft zu werden; damit würde sie aber die für die Verfassungsänderungen notwendige Mehrheit im neuen Parlament verfehlen.

7 May 2015

TAGS

HDP
Schwerpunkt AKP
Recep Tayyip Erdoğan
Recep Tayyip Erdoğan
Deutschland
Ex-Präsident
Schwerpunkt Türkei
Ahmet Davutoglu
Kunstfreiheit
Islam

ARTIKEL ZUM THEMA

Vor der Wahl in der Türkei: Özdemir vergleicht Erdogan mit Putin

„Putineske Züge“ habe der türkische Staatspräsident, sagt Grünen-Chef Cem Özdemir. Die Demokratie bekämpfe er mit der „Abrissbirne“.

Vor der Parlamentswahl in der Türkei: Dreist, dreister, Erdogan

Den Präsidenten schert es nicht, dass er laut Verfassung Zurückhaltung üben muss. Er braucht bei der Wahl jede kurdische Stimme – auch in Deutschland.

Türkischer Ex-Präsident und Putschist: Kenan Evren ist tot

Erst stoppte er Kämpfe, die sein Land an den Rand des Bürgerkriegs gebracht hatten, dann ließ er foltern. Kenan Evren ist eine der umstrittensten Personen der Türkei.

Die Türkei vor der Wahl: Heftiger Gegenwind für die AKP

Erdogan hat der Kandidatenliste für die Parlamentswahl im Juni seinen Stempel aufgedrückt. Doch er könnte die absolute Mehrheit verlieren.

Machtkampf in der Türkei: AKP-Regierung gegen AKP-Präsident

Der Machtanspruch von Präsident Erdogan verprellt seine eigene Regierung. Beide Lager liefern sich eine öffentliche Schlammschlacht.

Türkisches Gericht verurteilt Erdogan: Schwere seelische Schmerzen

Der Bildhauer Mehmet Aksoy hat den Staatspräsidenten und früheren Ministerpräsidenten wegen Beleidigung verklagt – und gewinnt vor Gericht.

Machtfülle des türkischen Präsidenten: Erdogans Mission

Mit seiner Paranoia-Politik verabschiedet sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan vom Laizismus. Und keiner hält ihn auf.